Dr. Chrystina Häuber, Universität Tübingen
10. Vorlesungssitzung
Di, 6. Juli 2010
Sehr geehrte Damen und Herren,
willkommen zur 10. und letzten Vorlesungssitzung !
Wie in der letzten Vorlesungssitzung bitte ich auch dieses Mal alle, die bei mir eine Prüfung zu dieser Vorlesung absolvieren möchten, nach der Stunde zu mir nach vorne zu kommen, damit wir alles Nötige besprechen können. Nach der endgültigen Terminabsprache möchte ich Ihnen dann zeigen, wo sich mein Büro befindet, in dem die Prüfungen stattfinden sollen.
Nun also zu unserer Vorlesung. Wie üblich, möchte ich zunächst auf Ihre Fragen eingehen, die Sie mir nach der letzten Vorlesungssitzung gestellt haben. Dieses Mal waren es ziemlich viele Fragen, weshalb ich Sie bitten möchte mir zuzugestehen, dass ich heute etwas länger lese [abgestimmt, alle sind dafür].
Auf die zuletzt gestellte Frage wäre ich ohnehin selbst eingegangen, nämlich die, warum es wichtig zu wissen ist, wo sich die Cella der Minerva im Tempel des Iuppiter Optimus Maximus auf dem Capitolium befand - auf der rechten Seite oder der linken Seite des Tempels, bezogen auf den Betrachter, der vor dem Tempel stand.
Die zweite Frage bezog sich auf die Marmorfragmente, die Christoph Reusser 1993 publiziert hat, und die zu zwei kolossalen Akrolithen gehörten, die Göttinnen darstellen - derjenige, der die Frage stellte, hatte die entsprechenden Abbildungen nicht finden können. Die einfachste Antwort zu dieser Frage lautet: schauen Sie in die Dialiste, unter "C. Reusser 1993" finden Sie das entsprechende Abbildungszitat. Die dritte Frage lautete, was Gegenstand meiner Vorlesung sei [alle lachen] - diese Frage hatte ich Ihnen selbst einmal als eine klassische Prüfungsfrage genannt, die ich Ihnen stellen könnte. Die entsprechende Zusammenfassung wurde vor Semesterbeginn ins Internet gestellt und befindet sich in ausgedruckter Form am Schwarzen Brett am Eingang unseres Instituts, außerdem habe ich diese Zusammenfassung meiner Literaturliste vorangesetzt, die Sie im Ordner zur Vorlesung finden.
Die vierte Frage lässt sich nicht so schnell beantworten, und zwar war einem von Ihnen anhand meiner Ausführungen nicht klar geworden, dass Mater Matuta und Magna Mater zwei verschiedene Göttinnen sind. Ich habe deshalb noch ein paar Detailkarten gemacht, weil ich hoffe, dass Ihnen die topographische Situation als `Eselsbrücke´ dienen kann, wenn Sie sich die unterschiedlichen Charaktere und Funktionen dieser beiden Göttinnen merken wollen.
2. Dia
Eigene Karte: Mater Matuta und Magna Mater zusammen_30062010
Auf dieser Karte sehen Sie die Südseite des Capitolium, den Palatin, den Tiber, das Forum Boarium und die im Norden an diesen Rindermarkt anschließende Area sacra di Sant'Omobono - diese Karte zeigt von den dort befindlichen Sakralbauten die beiden republikanischen Tempel. Auf dieser Karte sind sowohl der Tempel der Mater Matuta als auch der Tempel der Magna Mater sichtbar.
Die Tempel der Mater Matuta (Aurora) und der Fortuna der Area sacra di Sant'Omobono wurden gleichzeitig am Anfang des 6. Jhs. v. Chr. erbaut und bildeten eine funktionale Einheit. Ihr Standort liegt am Fuße des Capitolium und sowohl in unmittelbarer Tibernähe, als auch in unmittelbarer Nähe zu einem Tor der sog. Servianischen Stadtmauer, der Porta Carmentalis. Hier stand der Tempel der Nymphe Carmenta, die zusammen mit Fortuna und Mater Matuta verehrt wurde. Alle drei Göttinnen waren für die Initiation von Mädchen und für alle Belange von Frauen zuständig (Schwangerschaft, Kindersegen), außerdem gaben sie Orakel.
Der Tempel der Magna Mater - eigentlich: Mater Magna, Mater Deum oder Deorum, Mater Idaea (nach dem phrygischen Idagebirge in der Troas395), auch Berekynthia396 - wurde seit 204 v. Chr. auf dem Plateau des Palatins errichtet, das zu diesem Zweck vergrößert werden musste; 191 v. Chr. wurde der Tempel geweiht. Daneben stand der Tempel der Victoria (der Siegesgöttin). Der Kult der Magna Mater auf dem Palatin war mit der römischen `Theologie des Sieges´ verbunden (Patrizio Pensabene 2007). Ihr Kult hatte politische Bedeutung; Kaiser Augustus hatte sein Wohnhaus in der Nähe des Tempels der Magna Mater auf dem Palatin. In der Kaiserzeit wurde Magna Mater als Beschützerin Roms verstanden und galt als eine der bedeutendsten Staatsgöttinnen397.
Soweit die kurzen `Steckbriefe´ zu den topographischen Lagen beider Tempel (dem der Mater Matuta und der Magna Mater), die unterschiedlicher nicht sein könnten, und die jeweils mit den hier kurz zusammengefassten Funktionen dieser beiden Göttinnen erklärt werden können, die wir uns im Folgenden noch einmal anschauen wollen.
3. Dia
links:
Eigene Karte: Area sacra di Sant' Omobono_30062010
rechts:
M. TORELLI et al. 2008, S. 248, Abb. 2,
Plan: Rom, Area sacra di Sant'Omobono, die republikanischen Tempel der Fortuna und der Mater Matuta, mit Integration der Lage des archaischen Tempels
Sie sehen jetzt in Vergrößerung aus der eben gezeigten Karte die Area sacra di Sant'Omobono mit den republikanischen Zwillingstempels. Diese wurden zu Anfang des 5. Jhs. v. Chr. erbaut, unmittelbar nachdem die 2. Phase des archaischen Tempels zerstört worden war, den man unter dem östlichen der beiden republikanischen Tempel ausgegraben hat398. Nach der communis opinio der Forschung soll es sich bei Tempel "A" um den Tempel der Fortuna handeln, und bei Tempel "B" um den Tempel der Mater Matuta". Ich zeige Ihnen hier noch einmal die Planskizze, die bei Mario TORELLI et al. 2008 veröffentlicht ist, ein Buch, das Sie im Apparat zu unserer Vorlesung finden. In diese Skizze ist die Lage des archaischen Tempels unter dem republikanischen Tempel B eingetragen - dieser Tempel war ganz anders orientiert (NO-SW) als die N-S ausgerichteten republikanischen Tempel.
Die Forschung nimmt an, dass es sich hierbei um den aus Schriftquellen bekannten archaischen Tempel der Mater Matuta handele. Wir erfahren aus antiken Schriftquellen, dass es hier zwei archaische Tempel gegeben hatte, einen für Fortuna, den anderen für Mater Matuta, die beide von König Servius Tullius gestiftet worden seien399, doch von dem zweiten fehlt bislang jede Spur. Sie waren am selben Tag, dem 11. Juni (dies natalis) geweiht worden, an diesem Tag wurden die Matralia gefeiert, ein Fest, das auch noch in historischer Zeit große Bedeutung hatte.
Die feine schwarze Linie auf meiner Karte gibt den Umfang der ausgegrabenen Fläche an, drumherum befinden sich moderne Häuser und stark befahrene Straßen, das heißt, anders ausgedrückt, dass an dieser Stelle zwar die beiden hier sichtbaren republikanischen Tempel (und unter dem östlichen der beiden ein weiterer archaischer Tempel) entdeckt wurden, das umliegende Areal des zugehörigen heiligen Bezirks jedoch nicht ausgegraben werden konnte. Mit einer weiteren feinen schwarzen Linie ist der Grundriß der Kirche S. Omobono angegeben.
Bitte merken Sie sich an diesem Beispiel und an dem gleich noch einmal wiederholten Beispiel des Tempels der Magna Mater, dass die Kultgemeinschaften in den römischen Heiligtümern keinesfalls zufällig, sondern bedeutungsvoll sind, weil sie ein ganz bestimmtes `Kompetenzprofil´ erkennen lassen, und dass man daher alle diese Heiligtümer an diesen jeweils spezifischen Funktionen unschwer voneinander unterscheiden kann.
Alle im Folgenden wiederholten Daten finden Sie in der Liste der Begriffe zur 9. Vorlesungssitzung, die ich Ihnen noch einmal mitgebracht habe - inzwischen habe ich diese Liste durch die Begriffe komplettiert, die ich in der letzten Vorlesungssitzung an die Tafel geschrieben hatte.
Der hier ausgegrabene archaische Tempel hatte 2 Bauphasen:
Die 1. Bauphase des archaischen Tempels der Area sacra di Sant' Omobono wird in die ersten Jahrzehnte des 6. Jhs. v. Chr. datiert. Es handelt sich um den ersten und bislang einzigen archaischen Tempel des etruskisch-italischen Typs mit `geschlossenem´ Giebel und `korinthischen´ Reliefs, die das Giebelfeld dekorierten. Die Rekonstruktion der Fassade und besonders des Giebels dieser 1. Bauphase des archaischen Tempels von A. Mura Sommella in ihrem Aufsatz aus dem Jahre 2000 hatte ich Ihnen gezeigt: die Reliefs zeigen eine Gorgo-Medusa, flankiert von zwei Leoparden400.
Die 2. Bauphase des archaischen Tempels der Area sacra di Sant'Omobono wird ca. Mitte des 6. Jhs. v. Chr., oder um 530 v. Chr. datiert. Die Rekonstruktion des Giebels dieser 2. Bauphase mit dem farbig gefassten Mittelakroter aus Terrakotta, das Herakles und Athena zeigt, hatte ich Ihnen auch gezeigt.
Die 1. Bauphase dieses archaischen Tempels wurde durch Brand zerstört, von der 2. Bauphase nimmt man an, dass sie nach Vertreibung der Könige absichtsvoll zerstört worden ist.
Soweit also der archäologische Befund zu diesem archaischen Tempel der Area sacra di Sant' Omobono, dem zu entnehmen ist, dass die 1. Bauphase dieses Tempels aus dem frühen 6. Jh. v. Chr. stammt. Demnach muss dieser Tempel während der Regierungszeit des Königs Tarquinius Priscus entstanden sein, der, wie Sie der Liste der Begriffe zur 1. Vorlesungssitzung entnehmen können, 616-578 v. Chr. regiert haben soll. Die antiken Schriftquellen schreiben diesen archaischen Tempel jedoch dem Nachfolger des Tarquinius Priscus, König Servius Tullius, zu, der nach der Tradition 578-534 v. Chr. regiert haben soll401.
Zur Funktion der Göttin Mater Matuta wiederhole ich meinen Text der vergangenen Vorlesungssitzung:
Zurück zum 2. Dia
Beachten Sie bitte die Lage dieses Heiligtums in unmittelbarer Nähe zum Tiber und zum Hafen am Tiber, zu den Fernstraßen, die der Transhumanz dienten, und die sich an dieser Stelle trafen, sowie zur sog. Servianischen Stadtmauer mit dem Stadttor Porta Carmentalis und der Porta Triumphalis.
Wieder zurück zum 3. Dia
Das Tor in der Servianischen Stadtmauer namens Porta Carmentalis war nach der latinischen Göttin Carmenta402 benannt, die zu den ältesten in Rom verehrten Göttinnen zählte und später als Nymphe aufgefasst wurde. Sie wurde hier, am Fuße des Capitolium, am saxum Carmentae (`Felsen der Carmenta´), in einem Fanum (Tempel) verehrt, offenbar deshalb, weil sich hier Süßwasserquellen befanden. Der Name der Carmenta leitet sich von carmen (Lied) ab, da sie wie viele andere Nymphen auch, Prophezeiungen aussprach (oder sang); die topographischen Forschungen zu diesem Gebiet habe ich in meinem Aufsatz 2005 zusammengefasst (C. Häuber 2005), Paola Mazzei 2005 hat die Forschungen zum Kult der Göttin Carmenta zusammengefasst.
Carmenta und die beiden Göttinnen, deren Tempel in der Area sacra di Sant' Omobono standen, Fortuna und Mater Matuta403 (Aurora), waren eng miteinander verbunden und wurden gemeinsam verehrt. Die Göttin Fortuna gehört nicht zum ursprünglichen Pantheon der römischen Götter, sondern wurde erst in der Königszeit in Rom eingeführt404. Fortuna war die Vorläuferin der griechischen Liebesgöttin Aphrodite, die bei den Römern Venus hieß, und sollte schließlich von dieser verdrängt werden. Neben dieser Funktion als Liebesgöttin war Fortuna, ebenso wie Mater Matuta und Carmenta, zuständig für die Initiation von Mädchen, für schwangere Frauen und Kindersegen und gab überdies Orakel405.
Mater Matuta ist demnach für die Initiation von Mädchen und für alle speziellen Belange von Frauen zuständig. Dass ihr Tempel und jener der Fortuna unmittelbar neben einem Tor der Servianischen Stadtmauer errichtet wurde, ist daher alles andere als ein Zufall, da sich in Italien Kultstätten, in denen die Initiation von Jungen wie Mädchen stattfanden, häufig an Stadttoren befanden, oder sogar außerhalb der Städte, wie wir am Beispiel des Heiligtums der Athena Troiana/ Ilias in Lavinium gesehen hatten. Auch dass hier Fortuna und Mater Matuta zusammen mit der Nymphe Carmenta verehrt wurden, ist kein Zufall - denn sowohl in Griechenland als auch in Rom waren Nymphen für die Initiation von Mädchen zuständig, im Griechischen bezeichnet das Wort Nymphe ja nicht nur die Wassergöttin, sondern bedeutet auch `Braut´.
4. Dia
Eigene Karte: Tempel_Magna_Mater_30062010
Sie sehen hier einen Ausschnitt der vorhin gezeigten Karte mit dem Tempel der Magna Mater auf dem Palatin sowie angrenzende Gebäude. Die im Folgenden genannten Fachtermini finden Sie wieder in der Liste der Begriffe zur 9. Vorlesungsstunde.
Auch hier ist die `Nachbarschaft´ der einzelnen Bauten bedeutungsvoll. Das natürliche Plateau des Palatins ist als dunkelgraue Fläche wiedergegeben, der natürliche Abhang des Palatins ist hellgrau angelegt. Das Plateau des Palatins musste erweitert werden, als man sich entschloß, den Tempel der Magna Mater ("AEDES: MAGNA MATER") zu errichten - wie Sie erkennen können, `hängt´ die Südwestecke des Grundrisses des Podiums dieses Tempels eigentlich schon in der Luft, bzw. diese Ecke des Podiums steht bereits auf der Substruktion, die auf meiner Karte als hellgraue Fläche angelegt ist. Außerdem benötigte man noch zusätzlichen Platz vor dem Tempel der Magna Mater, um hier die Spiele zu ihren Ehren aufführen zu können, die Ludi Megalenses, weshalb die hier erbauten Substruktionen sehr großflächige Dachterrassen erhielten. Die Substruktionen, auf denen das Heiligtum der Magna Mater auf dem Palatin errichtet war, wurden zwischen 106 und 100 v. Chr. noch gegenüber ihrer ursprünglichen Größe erheblich erweitert. Alessandro D'Alessio weist in seinem Beitrag im Ausstellungskatalog Eugenio La Rocca et al. 2010 zu Recht darauf hin, dass diese Erweiterungen gleichzeitig mit den grandiosen Heiligtümern in Latium entstanden sind, die sich gleichfalls durch aufwändige Substruktionen auszeichnen406.
Die Ludi Megalenses wurden jeweils vom 4. - 10. April gefeiert, sie wurden benannt nach dem zu Ehren der Göttin Magna Mater in der Stadt Pergamon abgehaltenen Fest der Megalesia. Wegen des Namens Magna Mater (eigentlich Mater Magna) der Göttin hätte es in Rom nahegelegen, ihr Fest Matralia zu nennen, aber so hieß ja bereits das seit Jahrhunderten am 11. Juni gefeierte Fest der Mater Matuta407, das im offiziellen römischen Kalender verankert war.
Sie sehen südöstlich des Tempels der Magna Mater den Tempel der Victoria ("AEDES: VICTORIA"), dieser existierte bereits, als man sich entschloss, den Tempel der Magna Mater ebenfalls in dieser Gegend zu errichten. Der Tempel der Victoria wurde im Jahre 294 v. Chr. geweiht und steht auf dem natürlichen Plateau des Palatins408; die Forschungen zum Victoriatempel hat Patrizio Pensabene 1999 zusammengefasst. Wenn an dieser Stelle auf dem Palatin also eigentlich gar kein Platz mehr vorhanden war, um einen neuen Tempel für Magna Mater zu errichten, warum hat man dies dennoch getan ? Ehe wir uns dieser wichtigen Frage zuwenden, wiederhole ich zunächst einige Passagen meines Textes der letzten Vorlesungsstunde.
In dieser Gegend, auf dem Plateau des Palatins, wurden an mehreren Stellen prähistorische Hütten gefunden, deren erste, die schon sehr lange bekannt ist, die Bezeichnung Casa Romuli (`Haus des Romulus´) erhielt - und zwar deshalb, weil wir aus kaiserzeitlichen Schriftquellen wissen, dass eine in dieser Gegend befindliche prähistorische Hütte, die angebliche Behausung des Romulus, noch in der Kaiserzeit besichtigt werden konnte409. Ich hatte Ihnen ja berichtet, und anhand einer Rekonstruktionszeichnung aus dem Ausstellungskatalog von Andrea Carandini und Rosanna Capelli 2000 gezeigt, dass an dieser Südwestecke des Palatins die kleinen Zwillingsbrüder Romulus und Remus, die man in einem Körbchen im Tiber ausgesetzt hatte, gelandet sein sollen.
Nach der Tradition wurde Romulus dann als erwachsener Mann der 1. König Roms, der hier auf dem Palatin die Stadt Rom als sog. Urbs Quadrata gegründet haben soll. Kaiser Augustus, der sich als `neuer Romulus´ (das heißt, als neuer Gründer Roms) stilisiert hat, wählte dann mit Vorbedacht die Nähe zu dieser angeblichen Hütte des Romulus, als er sich anschickte, eine neue Domus (sein Wohnhaus) auf dem Palatin einzurichten. Ebenso wichtig war für Augustus bei dieser Standortwahl seines eigenen Domizils die Tatsache, dass sich hier die republikanischen Tempel der Magna Mater und der Victoria befanden.
Die auf meiner Karte plane, da von oben gesehene, Fläche der künstlichen Substruktionen ist in mehrere Terrassen unterschiedlicher Höhe gegliedert. Man sieht, dass sich unterhalb dieser Substruktionen 2 Strassen befinden.
Patrizio Pensabene 2007 weist zu Recht darauf hin, dass der Kult der Magna Mater auf dem Palatin mit der römischen `Theologie des Sieges´ verbunden sei410. Und das ist natürlich ebenfalls ein wichtiger Grund für Augustus gewesen, sein Wohnhaus in der Nähe der Tempel der Magna Mater und der Victoria anzusiedeln. Die Assoziation der Göttin Magna Mater mit dem Sieg hing mit dem Anlass der Übertragung ihres Kultes aus Pessinus in Kleinasien nach Rom, auf den Palatin, zusammen. Dies geschah in den letzten Jahren des 2. Punischen Krieges, in dem es den Römern nicht gelingen wollte, ihre alte Rivalin, die Stadt Karthago, zu besiegen. Der 1. Punische Krieg hatte von 264-241 v. Chr. gedauert, der 2. sollte von 218-201 v. Chr. dauern. Der letztere Kriege hatte nicht nur für Rom, sondern auch für ganz Italien bedeutende Folgen.
Wir hatten ja bereits in der letzten Stunde gehört, dass als eine Folge des 2. Punischen Krieges die Bevölkerungszahl der Stadt Rom dramatisch angewachsen war. Es handelte sich um die italische Landbevölkerung, die sich nach Rom geflüchtet hatte. Dies hatte große wirtschaftliche Verluste und andere bedeutende Umwälzungen zur Folge, 1.) weil niemand die im Krieg vom Heer Hannibals verwüsteten Felder und Anpflanzungen in Stand setzte, wieder bewirtschaftete und somit Ernten einfuhr, 2.), weil es zuvor hauptsächlich die Männer dieser bäuerlichen italischen Landbevölkerung gewesen waren, aus denen die römischen Legionen rekrutiert wurden411, und 3.) weil der römische Staat diese nun heimatlosen Menschen ernähren musste.
Noch sind wir aber gar nicht so weit, denn der 2. Punische Krieg dauert ja noch an. In seiner Not befragt der römische Senat wieder einmal die Sibyllinischen Bücher (Ritualvorschriften), die, wie wir in einer früheren Vorlesungssitzung gehört hatten, in den Favisae Capitolinae, den ehemaligen Zisternen des IOM-Tempels auf dem Capitolium, gelagert waren412. Außerdem wurde eine Delegation nach Delphi geschickt, um auch das Orakel des Apollon zu der Frage zu hören, wie die Römer die Karthager besiegen könnten. Die Antwort lautete, sie `sollten die Mutter suchen und nach Rom bringen´413. Dies wurde dahingehend verstanden, dass die Göttin Magna Mater gemeint sei. Es gelang den Römern tatsächlich, auf diplomatischen Wege mit Hilfe des Königs Attalos I. von Pergamon, mit dem die Römer ein Freundschaftsbündnis hatten, und in dessen Herrschaftsbereich die phrygische Stadt Pessinus lag414, das Kultbild der Magna Mater aus Pessinus in Phrygien (Kleinasien) zu erhalten415. Das war ein schwieriges Unterfangen, denn welche antike Stadt hätte freiwillig ihre Stadtgöttin hergeben wollen ?
Die Magna Mater aus Pessinus war nun nicht etwa ein menschengestaltiges Kultbild, sondern ein schwarzer Stein, von dem erzählt wurde, er sei vom Himmel gefallen (daher vermutlich ein Meterorit)416. Im Jahre 205 v. Chr. kam dann dieses anikonische Bild der Göttin in Rom an, das, da noch kein Tempel für die Göttin vorhanden war, zunächst im nebenan auf dem Palatin stehenden Tempel der Victoria (!) aufbewahrt wurde. Im folgenden Jahr (204 v. Chr.) erfolgte der Baubeginn des Tempels der Magna Mater auf dem Palatin, den die Censoren M. Livius und C. Claudius auf den Weg brachten und der 191 v. Chr. geweiht wurde417. Bekanntlich sollte
P.(ublius) Cornelius Scipio, cos. 205 v. Chr., seine Entscheidungsschlacht gegen Hannibal bei Zama (in der Nähe von Karthago) im Jahre 202 v. Chr. schlagen. Im Jahre 201 v. Chr. schloß er einen Friedensvertrag mit Karthago, feierte einen Triumph in Rom und erhielt den Beinamen Africanus. Wir nennen ihn heute, zur Unterscheidung von Scipio Aemilianus (Scipio Africanus minor418), der im Jahre 146 v. Chr. Karthago zerstören sollte, Scipio Africanus maior419. Somit war der 2. Punische Krieg im Jahre 201 v. Chr. nun endlich siegreich für Rom beendet worden. Nach der Beurteilung zeitgenössischer Römer war ihr mühsam erkämpfter Sieg über Hannibal und die Karthager im 2. Punischen Krieg vermutlich zu großen Teilen das Verdienst der Göttin Magna Mater. Wenn Sie sich für Militärgeschichte interessieren, werden Sie in dem Buch von Rose Mary Sheldon 2005 über Spionage(- und Gegenspionage)aktivitäten der Römer während der Republik im Detail nachlesen können, weshalb die Römer gegen Hannibal zunächst kläglich versagt hatten, und warum Scipio Africanus maior ihn bei Zama letztendlich besiegen konnte.
5. Dia - WIEDERHOLUNG
links:
P. PENSABENE 2006, S. 324, Taf. X,
Heiligtum der Magna Mater (Kybele), V. Phase, Rekonstruktion des Grundrisses (A. D'ALESSIO)
rechts:
P. PENSABENE 2006, S. 324, Taf. Y,
Heiligtum der Magna Mater (Kybele), V. Phase, axionometrische Rekonstruktion (ST. LITHOS)
Sie sehen auf diesem Dia noch einmal zwei Abbildungen aus der Publikation Patrizio Pensabene 2006. Oben links eine Rekonstruktion der Grundrisse der Tempel der Magna Mater und der Victoria, sowie der sie umgebenden Nebengebäude, und auf der rechten Seite eine axionometrische Rekonstruktion der Südwestseite des Palatins mit den beiden Tempeln. Die axionometrische Darstellung baut auf der oben links wiedergegebenen Zeichnung auf und beide zeigen die Phase V dieses Heiligtums. Sie erkennen im Vordergrund die umfänglichen Substruktionen, die von der Republik bis in die Kaiserzeit errichtet worden sind, und die nicht etwa auf gleiches Niveau gebracht wurden, sondern Terrassen unterschiedlicher Höhe bildeten. Die auf diese Weise erzeugte Freifläche vor dem Tempel der Magna Mater war notwendig, um ihren Kult vollziehen zu können. So wurden der Magna Mater zu Ehren ja die erwähnten Spiele, die Ludi Megalenses, durchgeführt, aus deren Anlass man jedes Mal vor dem Tempel ein temporäres Theater aus Holz errichtete: hier wurden z. B. berühmt gewordene Stücke des Plautus und des Terenz uraufgeführt420.
Die axionometrische Darstellung des Tempels der Magna Mater an der Südwestecke des Palatins kann uns helfen die Frage zu beantworten, warum dieser Tempel ausgerechnet hier errichtet wurde, wo doch eigentlich kein Platz für ihn war, oder anders gesagt, wo erst Platz für ihn mit Hilfe der hier sichtbaren aufwändigen Substruktionen geschaffen werden musste. Die komplexe Bedeutung des Kultes der Magna Mater für Rom haben Patrizio Pensabene 1996, 2002 und 2007, sowie Mary Beard, John North und Simon Price 1998421 zusammengefasst: für die Römer war von entscheidender Bedeutung, dass sie als die Mater Idaea (`Idäische Mutter´) galt422, benannt nach dem Ida in Phrygien, jenem die Landschaft Troas beherrschenden Gebirge in der Nähe der Stadt Troia423; die Göttin wird (nach diesem Berg ?) auch Berecynthia genannt424.
Die Römer verstanden Magna Mater also als die Stadtgöttin Troias425, in deren Heiligtum sich Aeneas beim Brand Troias geflüchtet hatte - hier baute er, wie wir aus dem Munde der Göttin Magna Mater in der Aeneis des Vergil (Vergil, Aen. 9,82) erfahren, aus dem Holz ihres heiligen Hains seine Schiffe, die ihn und seine Gefährten nach Italien bringen sollten. Außerdem wurde Magna Mater/ Kybele mit der griechischen Göttin Rhea identifiziert, welche die Römer ihrerseits mit Rhea Silvia426 (oder Ilia, `der Troianerin´)427 identifizierten, der Mutter des Romulus (!)428. Und da alle Römer natürlich von Aeneas bzw. von Romulus abstammten, war Magna Mater demnach `automatisch´ ihre eigene Stadtgöttin, die sie, die Bürger Roms, in allen Lebenslagen beschützte. Dies galt in besonderem Maße für Kaiser Augustus, den Adoptivsohn des C. Iulius Caesar, denn die Familie der Iulii war über ihren Stammvater Iulus/ Askanios, den Sohn des Aeneas, nun angeblich sogar in direkter Linie mit dem Troianer Aeneas verwandt. Augustus betrachtete somit als Iulier die Magna Mater erst recht als seine ureigenste Stadtgöttin und persönliche Schutzgöttin.
Da die Magna Mater sowohl in Pessinus in Phrygien, als auch auf dem Ida in Phrygien, der in der Nähe der Stadt Troia lag, jeweils auf hohen Bergen verehrt worden war, kam in Rom wohl gar kein anderer Standort für ihren Tempel in Frage als der auf dem Palatin, wo er dann errichtet worden ist. Mit der topographischen Lage des Tempels der Kybele in Pessinus, aus dem das nach Rom verbrachte Kultbild der Göttin Magna Mater stammte, habe ich mich in meinem Aufsatz C. Häuber 1998 beschäftigt.
6. Dia
Eigene Karte: Tempel_Magna_Mater_30062010
Wobei die Tatsache, dass an dem für den Tempel der Magna Mater gewählten Bauplatz auf dem Palatin nicht nur im Jahre 294 ein Tempel der Victoria geweiht wurde, sondern die Göttin Victoria schon sehr viel länger verehrt worden war429, ein gewichtiger weiterer Grund gewesen sein wird, warum der Tempel der Magna Mater ausgerechnet hier erbaut wurde.
Weil die Magna Mater, die Schutzgöttin seiner Iulischen Familie, auf dem Palatin ihren Tempel hatte, wählte Augustus diesen Platz für sein eigenes Wohnhaus. Da bei Kaiser Augustus derartige, scheinbar private religiöse Entscheidungen, bedeutender Teil seiner Propaganda und Politik waren, kann man also sagen, dass der Kult der Magna Mater politische Bedeutung besaß. Es gibt sogar moderne Kommentatoren, die der Ansicht sind, dass die Römer, mit ihrem Besitz des Kultbildes der `Großen Allmutter aus Asien´ - das heißt, dem Kultbild der Magna Mater aus Pessinus - ihren Anspruch auf die Weltherrschaft begründet hätten430. Schon während der römischen Republik hatte die Göttin Magna Mater politische Bedeutung für jene Adelsfamilien besessen, deren Ahnen in jene Delegation gewählt worden waren, welche die Göttin im Jahre 205 v. Chr. in Pessinus abgeholt hatten, oder welche die Göttin von Ostia in feierlicher Prozession nach Rom geleiten durften431. Ferner gab es Adelsfamilien, die stolz darauf waren, dass sie die Censoren gestellt hatten, welche den Tempel für die Göttin auf dem Palatin in Auftrag gegeben hatten (204 v. Chr.), oder weil sie die zu Ehren der Göttin gefeierten Ludi Megalenses veranstaltet hatten432.
Das hier gezeigte Ensemble von Bauten an der Südwestecke des Palatins: Tempel der Magna Mater, Tempel der Victoria und Wohnhaus des ersten römischen Kaisers, Augustus, hatte enorme, zukunftsweisende Auswirkungen. So sollte in der frühen Kaiserzeit die Göttin Victoria als Bewahrerin des Imperium Romanum angesehen werden und die neben ihr verehrte Magna Mater zu einer der bedeutendsten Staatsgöttinnen aufsteigen, deren Kult vom Palatin aus ins gesamte Römische Reich ausstrahlte, und besonders in seinem westlichen Teil und in Nordafrika viele Anhänger fand433.
7. Dia - WIEDERHOLUNG
links:
A. LA REGINA 2009, S. 64, Photo,
Kopflose Marmorstatue der thronenden Magna Mater (Kybele) aus ihrem Tempel auf dem Palatin, Rom, Palatinmuseum
rechts oben:
LTUR III (1996), Abb. 141, Kontorniat der Faustina minor: Tempel der Magna Mater auf dem Palatin
rechts unten:
LTUR III (1996), Abb. 142
Münze der Faustina434: Sesterz, Kultbild der Magna Mater auf dem Palatin, 141 n. Chr.
Obwohl die hier gezeigten Darstellungen der Magna Mater und ihres Tempels auf dem Palatin alle kaiserzeitlich sind, zeige ich Sie Ihnen, um Ihnen ein Vorstellung von der Ikonographie der Göttin zu vermitteln. An ihrer Mauerkrone ist sie als Stadtgöttin erkennbar. Das Thronen, die matronalen Formen, die beiden sie begleitenden Löwen und eines der für den Kult der Göttin typischen Musikinstrumente weisen sie als Magna Mater aus. Es handelt sich um das Tympanon, eine Handpauke. Auf dem Kontorniat der Kaiserin Faustina minor führen Stufen zum Podium ihres Tempels auf dem Palatin hinauf. Der Tempel der Magna Mater hatte nach Ausweis dieser Darstellung einen gerundeten Giebel und eine tonnengewölbte Cella. In der Cella ist das Kultbild erkennbar, das offenbar dieselbe Ikonographie aufweist wie auf dem darunter abgebildeten Sesterz, dessen Darstellung des Kultbildes besser erkennbar ist. Auf dem Kontorniaten erscheint sogar einer der orgiastischen Tänzer der Göttin, der an seinen Zimbeln (Becken) erkennbar ist.
Diese wilden Züge, die für den Kult der Magna Mater in Phrygien typisch waren, lehnten die Römer der Republik, als die Göttin zuerst nach Rom gekommen war, nicht nur ab, sondern unterbanden sie sogar soweit wie eben möglich. Die Römer hatten überdies kein Verständnis dafür, dass sich die Priester der Magna Mater im Zusammenhang dieser orgiastischen Tänze selbst entmannten. Das Vorbild dieser Eunuchen war der jugendliche Kultpartner der Magna Mater, Attis435, den Magna Mater aus Eifersucht gezwungen hatte, sich selbst zu entmannen. Auch dieser Teil des Mythos der Magna Mater mißfiel den Römern, und erst recht die Tatsache, dass ihre Bettelpriester436, Eunuchen, die Galli genannt wurden, durch die Lande zogen und zum Klang ihrer für römische Ohren schrill klingenden Musik, und angetan mit bunten Kleidern, um Almosen bettelten. Römischen Bürgern war es deshalb gesetzlich verboten, sich aktiv an diesem Kult zu beteiligen437.
8. Dia
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010
S. 148, Abb., Karte: Die Etappen der römischen Expansion im Mittelmeergebiet (A. LO MONACO und A. D'ALESSIO)
Die Kultübertragung der Göttin Magna Mater aus Pessinus nach Rom fand also, wenn wir das eben Gesagte zusammenfassen, in einem Moment statt, als Rom dabei war, seine alte Rivalin Karthago zu besiegen, und sich gleichzeitig anschickte, nun auch den östlichen Teil des Mittelmeeres zu erobern. Diese Karte von Alessandro D'Alessio und Annalisa Lo Monaco aus dem Ausstellungskatalog Eugenio La Rocca et al. 20010, fasst chronologisch gegliedert die Etappen der römischen Eroberungen zusammen. Hellgrau erscheint das Areal, das zwischen 264 und 227 v. Chr. von den Römern erobert wurde, mittelgrau das Areal, das von 202-123 v. Chr. erobert wurde, und dunkelgrau das Areal, das von 74-27 v. Chr. erobert wurde.
Die römischen Eroberungen während der Republik - und somit die Epoche der römischen Republik selbst - enden auf dieser Karte interessanterweise nicht mit dem Jahr 30 v. Chr., der Eroberung Ägyptens, bzw. des ptolemäischen, von Königin Kleopatra VII. regierten Reiches, sondern erst mit dem Jahr 27 v. Chr. In diesem Jahr erhielt nämlich Octavian, der faktische Alleinherrscher des römischen Staates nach der Eroberung Ägyptens und dem Selbstmord Marc Antons (30 v. Chr.), den Ehrennamen Augustus (`der Erhabene´) vom römischen Senat, womit der Princeps, wie sich Octavian/ Augustus selbst nannte438, einen Titel erhielt, der zur Titulatur aller zukünftigen römischen Kaiser gehören sollte. Augustus begründete somit den Prinzipat, gilt vielen modernen Forschern jedoch (noch) nicht als römischer Kaiser.
Als Folge des 2. Punischen Krieges sehen wir auf dieser Karte, dass Rom nun ab 202 v. Chr. endgültig die Hegemonie über das westliche Mittelmeergebiet besitzt. Die Römer verdrängen Karthago aus Spanien und erobern Teile der iberischen Halbinsel, gleichzeitig greifen sie nach Osten in Richtung Griechenland, Makedonien und Kleinasien aus. Dabei geht es in allen Fällen um Macht und wirtschaftliche Interessen, doch die Kulturen, mit denen die Römer bei diesen ständigen Kriegszügen, aber auch bei diplomatischen Missionen in Berührung kamen, haben sich in sehr unterschiedlicher Weise auf das Leben der Bevölkerung in Rom ausgewirkt. Zweifellos hatte der griechisch sprechende Teil dieser Mittelmeeranrainerstaaten die größten Auswirkungen auf Rom. Und genau das ist es, worauf ich den Fokus dieser Vorlesung gelegt habe: ich gehe der Frage nach, welche Folgen die Eroberungen der Römer während der Republik für sie selbst und die Stadt Rom gehabt haben.
Da soeben von den römischen Triumphatoren, und von der Eroberung Griechenlands im Besonderen die Rede war, möchte ich dies zum Anlass nehmen, den berühmten Ausspruch des Horaz (epist. 2,1,156)439 zu zitieren: "Griechenland ward jetzt unterworfen, doch unterwarf es sich selbst seinen rauhen Besieger, brachte ihm die Künste ins ländliche Latium" (Übersetzung: Bernhard Kytzler)440.
Die Folgen der Eroberung der griechischen Welt für die römische Religion und die Götterbilder in den stadtrömischen Tempeln, und die Folgen dieser Bauten für die Römer selbst:
9. Dia - WIEDERHOLUNG
links:
Tonstatue der Athena / Minerva,
Lavinium, "Santuario extraurbano"
CARANDINI, CAPELLI 2000, Dat.: 6.-3. Jh. v. Chr., H: 2 m
rechts:
Musei Capitolini. Guida 2006, S. 26,
Kolossale Marmorstatue der Minerva (Kultbild, spätrepublikanisch)
In der Ankündigung meiner Vorlesung hatte ich geschrieben, dass wir uns am Ende dieser Vorlesung die Wirkung der Eroberungen im gesamten Mittelmeergebiet auf Rom selbst anschauen wollen: dieses, hier noch einmal gezeigte Vergleichsbeispiel ist das krasseste, das ich Ihnen unter der Überschrift `wie sahen die Kultbilder in den Tempeln der Römer vor und nach diesen Eroberungen aus´ bieten kann. Wir sehen noch einmal die ehemals farbig gefasste Tonstatue der Minerva aus dem Heiligtum der Athena Troiana/ Ilias in Lavinium, die 2 m hoch ist, die Abbildung stammt aus dem Katalog Andrea Carandini und Rosanna Capelli 2000. Obwohl nicht aus Rom selbst stammend, besteht nach all dem, was ich Ihnen aus der Frühzeit Roms und den umliegenden Städten in Etrurien und Latium berichtet und gezeigt habe, keine Veranlassung anzunehmen, dass sich die in Rom im gleichen Zeitraum angefertigten und verehrten Terrakotta-Kultbilder sehr von dem hier gezeigten unterschieden haben werden. Der Datierungsvorschlag für diese Minervastatue lautet: 6.-3. Jh. v. Chr. Rechts daneben sehen wir noch einmal die 3,20 m hohe Marmorstatue der Minerva in den Kapitolinischen Museen, Palazzo Nuovo, die Francesco Paolo Arata 1999 publiziert hat; sie wurde in Rom gefunden, doch der Fundort ist unbekannt. Da es sich vermutlich in beiden Fällen um Kultbilder und überdies um Darstellungen derselben Göttin handelt, kann man diese Bildwerke gut miteinander vergleichen. Auf eine Beschreibung verzichte ich hier, da ich dies bereits in früheren Vorlesungssitzungen ausführlich getan habe. Diese Marmorstatue wird von verschiedenen Forschern in den Zeitraum zwischen dem 2. Jh. v. Chr. bis zum Ende des 1. Jhs. v. Chr. datiert und einmütig als Kultbild angesehen, dabei könnte sie, was ihre Ikonographie betrifft, innerhalb dieses Zeitraums sowohl für einen Tempel in Griechenland geschaffen worden sein, als auch für einen Tempel in Rom, wie Eugenio La Rocca 1990 geschrieben hat441. Die Forschung geht davon aus, dass dieses Kultbild der Minerva für einen stadtrömischen Tempel geschaffen wurde, und dass der ausführende Künstler ein Grieche war.
10. Dia
links:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010
S. 23, 59, Abb. 4, S. 150, Rom, Plan (aus: P. GROS 2001): die Porticus Metelli mit den Tempeln des Iuppiter Stator und der Iuno Regina, Auftraggeber des Tempels für Iuppiter Stator: Q. Caecilius Metellus Macedonicus, Architekt: Hermodoros aus Salamis, der erste komplett aus Marmor erbaute Tempel in Rom, 146/143-131 v. Chr. (A. D'ALESSIO)
rechts:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010
S. 208, 290-291, Kat. Nr. II.22, Reiterstatuette Alexanders des Großen, aus Herculaneum, Neapel, Museo Archeologico Nazionale, 1. Jh. v. Chr., Kopie der Reiterstatue aus der turma Alexandri, der am Granicos (334 v. Chr.) gefallenen Hetairoi des Königs, 25 lebensgroße Reiterstatuen aus Bronze, geweiht von Alexander im Zeusheiligtum von Dion, Künstler: Lysipp, geraubt von Q. Caecilius Metellus Macedonicus und aufgestellt in Rom in seiner Porticus Metelli (M. CADARIO)
Der links auf dem Dia gezeigte Plan stammt aus dem Ausstellungskatalog E. La Rocca et al. 2010 und zeigt die Porticus Metelli in Rom im Circus Flaminius, der an dieser Stelle an das Marsfeld grenzt. Wir hatten bereits gehört, dass das allererste Kultbild, das für einen Tempel in Rom geschaffen wurde, (auch) von einem auswärtigen Künstler gemacht worden war. Es handelte sich um das Kultbild des Iuppiter Optimus Maximus aus farbig gefasster Terrakotta des etruskischen Künstlers Vulca, das von König Tarquinius Priscus im 6. Jh. v. Chr. in Auftrag gegeben worden war. Es sollte aber bis 146/ 143 v. Chr. dauern, ehe der griechische Architekt Hermodoros aus Salamis den ersten ganz aus Marmor bestehenden Tempel in Rom errichten sollte. Dieser Tempel des Iuppiter Stator stand in der Porticus Metelli, die wir links im Dia sehen (es handelt sich um den östlichen der beiden hier sichtbaren Tempel, das heißt, rechts im Bild 442); zur Unterscheidung des anderen Tempels, der dem Iuppiter Stator am Forum Romanum (angeblich von Romulus) geweiht worden war, heißt dieser Tempel hier in Campo (`im Marsfeld´), bez. in Circo (`im Circus Flaminius´). Bauliche Reste dieses Tempels für Iuppiter Stator haben sich nicht erhalten.
Der Circus Flaminius war der Ort, wo die Triumphzüge begannen, weshalb hier im Laufe der römischen Republik zahlreiche siegreichen Feldherren Triumphaldenkmäler erbauen sollten. Eine vierflügelige Porticus um die eigene Tempelweihung zu errichten war daher mit Sicherheit eine gute Idee, denn wie die im Folgenden geschilderte Baugeschichte zeigt, war der verfügbare Platz in diesem Stadtteil Roms heiß umkämpft. Außerdem erinnerte dieses Architekturensemble an einen heiligen Bezirk, weshalb `moralische´ Einwände gegen diese Architektur nicht erhoben werden konnten443.
Hier stand bereits der Tempel der Iuno Regina444, den M. Aemilius Lepidus im Jahre 179 v. Chr. geweiht hatte (der westliche der beiden Tempel in der Porticus Metelli, das heißt, links im Bild), als Q. Caecilius Metellus Macedonicus445 sich entschloß, hier seinen, dem Iuppiter Stator446 geweihten Tempel zu errichten, und beide mit der Porticus Metelli zu umgeben. Metellus stattete beide Tempel und die von der Porticus umschlossene Platzanlage mit zahlreichen griechischen Statuen aus. Ermöglicht hatte ihm dies sein Sieg über Andriskos447, einen Gerber, der sich als Sohn des Makedonenkönigs Perseus ausgegeben hatte und tatsächlich König geworden war. Metellus richtete nach diesem Sieg im Jahre 147/ 146 v. Chr. Makedonien als römische Provinz ein, feierte 146 v. Chr. einen Triumph in Rom und erhielt den Beinamen Macedonicus448.
Von dieser von Q. Caecilius Metellus Macedonicus geschaffenen Anlage ist schon deshalb fast nichts mehr erhalten, weil Augustus sie `usurpieren´ sollte und den kompletten Neubau, den er in Auftrag gab, im Namen seiner Schwester Octavia weihte, weshalb wir den Bau heute unter dem Namen Porticus Octaviae kennen449. Er wurde durch Brand zerstört und in severischer Zeit erfolgte noch einmal ein kompletter Neubau; die heute erhaltenen baulichen Reste (der südliche Eingang der Porticus) stammen daher aus severischer Zeit450.
Von den originalen griechischen Statuen, die Metellus einst in seiner Porticus aufgestellt hatte und die auch noch in der Porticus Octaviae zu bewundern waren451, ist nichts erhalten. Doch es gibt zumindest von einem der dort gezeigten, in Makedonien erbeuteten Werk Kopien, von denen ich Ihnen ein Exemplar zeigen möchte.
Rechts auf dem Dia erscheint eine bronzene Reiterstatuette Alexanders des Großen aus Herculaneum im Nationalmuseum von Neapel, sie wird ins 1. Jh. v. Chr. datiert. Ich zeige Sie Ihnen deshalb, weil sie als Kopie der Reiterstatue Alexanders des Großen aus der turma (Reiterabteilung) Alexandri gilt. Der König ist barhäuptig und trägt sein Königsdiadem (eine Stoffbinde), weshalb er eindeutig identifizierbar ist. Bei der turma Alexandri handelte es sich um 25 lebensgroße Reiterstatuen aus Bronze und um weitere 9 Soldaten zu Fuß. Die Reiterstatuen stellten die am Granicos (334 v. Chr.) gefallenen Hetairoi des Königs dar. Alexander hatte diese Statuen im Zeusheiligtum von Dion in Makedonien geweiht, der Künstler war sein Hofbildhauer Lysipp452. Q. Caecilius Metellus Macedonicus hatte die gesamte Gruppe geraubt und in Rom in seiner Porticus Metelli vor den beiden Tempeln aufgestellt.
Die Porticus Metelli gehörte zu einer Reihe von vierflügeligen Portiken, die im 2. Jh. v. Chr. von siegreichen römischen Feldherren in Rom errichtet wurden, und in deren Innenhöfen der sprichwörtliche `Mann auf der Straße´ zum ersten Mal in der Geschichte Roms in einem öffentlich zugänglichen Gebäude mit Gärten und griechischen Kunstwerken in Berührung kam453. Sie dienten zwar ausschließlich der Repräsentation der Bauherren, schufen aber auch auf Grund ihrer Verschmelzung von italischen und griechische Elemente architekturhistorisch etwas völlig Neues und Innovatives, das nicht nur im Pompeiustheater und im Caesarforum, sondern auch in den Kaiserfora fortleben sollte454. Städtebauliche Akzente wurden mit diesen Portiken des 2. Jhs. v. Chr. allerdings noch nicht gesetzt455, dies sollte im 1. Jh. v. Chr. den Bauten des Pompeius und Caesar vorbehalten bleiben, die wir uns als nächstes anschauen werden.
11. Dia
links oben:
Musei Capitolini. Guida 2006, S. 211,
Kopf eines 8m hohen Akroliths, Marmor, Kultstatue der Fortuna huiusce diei, Rom, des Q. Lutatius Catulus, geweiht 101 v. Chr. nach seinem Sieg über die Kimbern, Tempel B am Largo Argentina, Künstler: Skopas minor
Mitte:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010, S. 77, 79, Abb. 8,
Plan: Rom, Das Pompeiustheater auf dem Marsfeld (55 v. Chr. eingeweiht) und die vier republikanischen Tempel vom Largo Argentina (D. PALOMBI)
links und rechts unten:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010, S. 108, 109, Abb. 23, Rekonstruktionszeichnungen des Tempels B am Largo Argentina, Tempel der Fortuna Huiusce diei des Q. Lutatius Catulus, Ende 2. Jh. v. Chr. (Zeichnung: FABIO CAVALLERO) (E. LA ROCCA)
Dieses Dia zeigt Ihnen in der Mitte den Plan des Pompeiustheaters auf dem Marsfeld in Rom. Nach seinen Kriegen im Osten hatte Cn. (Gnaeus) Pompeius magnus456 im Jahre 61 v. Chr. mit ungeheurem Aufwand einen Triumph in Rom gefeiert und diese Anlage auf dem Marsfeld errichtet457. Diese Architektur kombinierte einen Tempel sowohl mit vorgelagertem Theater, als auch mit einer vierflügeligen Porticus und war an Vorbildern in Latium und im griechischen Osten orientiert458. Pompeius errichtete mit diesem Bau (gegen große Widerstände) das erste steinerne Theater in Rom, indem er es verharmlosend als simple Stufen deklarierte, die zu dem (das Theater bekrönenden) Tempel der Venus Victrix hinaufführten (!), seiner Schutzgöttin, die ihm angeblich seine Siege ermöglicht hatte. Eingeweiht wurde die Anlage im Jahre 55 v. Chr. Im Stadtbild Roms ist dieser Bau heute für `Uneingeweihte´ nur mit Hilfe eines Plans wie dem hier gezeigten wahrnehmbar - dann ist es allerdings möglich, anhand der modernen Straßenführungen, die in vielen Fällen den Baufluchten der Anlage folgen, festzustellen, wo noch Bausubstanz vorhanden ist. Ich will Ihnen hier aber gar nichts über die Pracht der Ausstattung des Pompeiustheaters berichten, sondern Sie auf etwas ganz anderes hinweisen.
In einem Aufsatz aus dem Jahre 2004, der im Ausstellungskatalog über die Trionfi Romani 2008 (im Apparat zu unserer Vorlesung) in einer italienischen Übersetzung wiederabgedruckt ist, geht Tonio Hölscher auf die Aggressionen und bewußten Transgressionen der großen Heerführer der späten Republik ein. Mit einer Rücksichtslosigkeit sonder gleichen wurde von ihnen alles bisher dagewesene in den Schatten gestellt. Ein besonders deutliches Beispiel für diesen neuen Trend hat meiner Ansicht nach Pompeius mit dieser Anlage gegeben. So hat Pompeius mit seinem Bau die im Osten seines Theaters (im Dia unten) befindlichen vier älteren republikanischen Tempel, die gleich seinem Theater als Siegesmonumente errichtet worden waren - sobald er fertig war - nun plötzlich winzig klein erscheinen lassen. Diese Tempel stehen heute am Largo Argentina und sind alle vier vergleichsweise gut erhalten. Allein der Vergleich der hier gezeigten Grundrisses des Pompeiustheaters mit denen der vier älteren Tempel am Largo Argentina zeigt, dass Pompeius mit seinem Siegesmonument geradezu protzig auftrat.
Wie gigantomanisch die Anlage des Pompeius gewesen ist sieht man auch daran, dass im Tempel B vom Largo Argentina, dem einzigen Rundtempel der vier hier befindlichen älteren Sakralbauten, Marmorteile eines ursprünglich immerhin 8 m hohen Akroliths gefunden wurden. Ich zeige Ihnen den Kopf dieses Akroliths, das die Göttin Fortuna Huiusce diei (`Glück jenes Tages´)459 darstellt, oben links im Dia. Geweiht hatte diesen Tempel Q. Lutatius Catulus im Jahre 101 v. Chr. nach seinem Sieg über die Kimbern. Die Forschung nimmt an, dass der Künstler des Kultbildes der Grieche Skopas minor war.
Das Photo vom Kopf der Göttin ist im Katalog der Kapitolinischen Museen Musei Capitolini. Guida 2006 veröffentlicht. Die Rekonstruktionszeichnungen des Tempels und des Blicks in die Cella des Tempels mit dem Kultbild der Fortuna hat Eugenio La Rocca im Katalog Eugenio La Rocca et al. 2010 publiziert. La Rocca berichtet in seinem Artikel über die kritischen zeitgenössischen Stimmen, die bei den Römern laut wurden, sobald sich ihre Stadt nach dem 2. Punischen Krieg begann, mit kolossalen griechischen Kultbildern aus Marmor zu füllen. Er selbst vergleicht die vielen Köpfe von kolossalen Akrolithen, die erhalten sind, und von denen Sie einige in der Ausstellung und im zugehörigen Katalog anschauen können, als ausdrucksleer und untereinander auf langweilige Weise ähnlich. Im Falle des hier gezeigten Kopfes der Fortuna, der ja als Darstellung einer ausgesprochen wohlwollenden Göttin gemeint ist, beschleicht einen vor dem Original in der Centrale Montemartini sogar ein Gefühl der Beklemmung.
In den von La Rocca 2010 zitierten antiken lateinischen Quellen ist davon die Rede, dass die alten (eigenen) Kultbilder eine stärkere `Ausstrahlung´ besessen hätten und viel inniger verehrt worden seien. La Rocca bemerkt dazu, dass wir all das heute selbstverständlich nicht mehr überprüfen können, weil uns die Inszenierung dieser kolossalen Akrolithe fehlt - er hat deshalb die hier gezeigten Rekonstruktionszeichnungen in Auftrag gegeben. Natürlich waren auch die älteren Kultbilder inszeniert, ich erinnere Sie nur an die vergoldete Holzstatue der Fortuna in ihrem archaischen Tempel der Area sacra di Sant'Ombono, von der ich Ihnen berichtet hatte.
12. Dia
oben:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010, S. 78-79, Abb. 9,
Plan: Rom, Caesarforum mit dem Tempel der Venus Genetrix, 46 v. Chr. eingeweiht, sowie der Curia Iulia, begonnen 44 v. Chr. (D. PALOMBI)
unten:
K. S. FREYBERGER 2009, S. 12-13, Abb. 1,
Gesamtplan Forum Romanum (Kaiserzeit)
Auf den ersten Blick viel weniger spektakulär, weil in der Grundfläche wesentlich kleiner als das soeben betrachtete Pompeiustheater, erscheint das von Caesar 46 v. Chr. eingeweihte Caesarforum mit dem Tempel seiner Stammutter Venus Genetrix - die ja im Mythos die Mutter des Aeneas war, weshalb Caesar sich als direkter Nachfahre der Göttin Venus bezeichnen konnte. Das Gelände für sein Forum hatte Caesar schon seit 54 v. Chr. für Unsummen erwerben müssen, da es zuvor sehr dicht mit den Häusern der Oberschicht bebaut gewesen war460. Den Bau des Tempels der Venus Genetrix hatte Caesar in der (siegreichen) Schlacht von Pharsalos gegen Pompeius gelobt, und im Jahre 46 v. Chr. zusammen mit seinem Forum aus Anlaß seines dreifachen Triumphs über Gallien, Ägypten und Africa eingeweiht.
Caesar verwirklichte und plante aber noch andere grandiose Bauvorhaben in Rom461, weshalb sein Beitrag zur Neugestaltung der Stadt insgesamt erheblicher war als der seines Gegenspielers Pompeius. Das Ausmaß der Aggressionen und Transgressionen, die sich Caesar erlaubt hat, war, wie Tonio Hölscher 2004 und 2008 zu Recht beschreibt, auch von einem ganz anderen Kaliber als man das zuvor von irgendjemandem in Rom (nach der Königszeit !) erlebt hatte.
Wir sehen hier einen Grundriss des Caesarforums aus dem Katalog Eugenio La Rocca et al. 2010 und darunter einen Plan des Forum Romanum in der Kaiserzeit, in welchem das Caesarforum angedeutet ist, von Klaus Stephan Freyberger 2009.
Beachten Sie bitte, dass das Forum Romanum die relativ kleine Fläche auf der linken Seite dieses Plans ist. Alle auf der rechten Seite des Plans befindlichen Bauten gehören nicht zum Forum Romanum. Die Platzfläche wird gesäumt von der Curia Iulia (dem Senatsgebäude), der Basilica Aemilia, dem Tempel für den Divus Iulius (den vergöttlichten Caesar), dem Dioskurentempel, der Basilica Iulia, dem Saturntempel und den Rostra (der Rednertribüne) - Schluss. Wobei die Tatsache, dass diese Bauten in der hier sichtbaren Fassung alle augusteisch und kaiserzeitlich sind, Sie nicht irritieren sollte, mir geht es bei diesem Vergleich nur um die Dimension der Platzfläche des Forum Romanum462. Dass diese für den Stadtstaat Rom ausreichend gewesen war, ist klar, zur Zeit Caesars war der Umfang der hier stattfindenden Geschäfte jedoch derart angestiegen, dass seine Idee, nebenan sein neues, zusätzliches Forum zu bauen, verständlich wird. Das wirklich für Caesar typisch maßlose seines Projektes war 1.) die Idee, den Tempel auf seinem Forum der Venus Genetrix zu weihen - damit verblasste der Tempel der Venus Victrix seines Gegenspielers Pompeius - und 2.) dass er die Stirn hatte, das Senatsgebäude zu versetzen.
Das alte, Curia Hostilia genannte Senatsgebäude hatte in der Nähe der Curia Iulia gestanden und
war 52 v. Chr. abgebrannt. Caesar begann 44 v. Chr., im Jahre seiner Ermordung, mit dem Bau der nach ihm benannten Curia Iulia. Aber nicht etwa am angestammten Platz, sondern buchstäblich als `Anhängsel´ an sein Forum Iulium - und entsprechend arrogant hat er die Mitglieder des Senats behandelt, als Sie ihm in seinem Forum ihre Aufwartung machten, was Sie bei Tonio Hölscher 2004 und 2008 im Detail nachlesen können. Im Übrigen sollte sich die Konzeption des Caesarforums, im Unterschied zum Theater des Pompeius, als ausgesprochen zukunftsträchtig erweisen. Als Architekturtyp orientierte sich das Caesarforum an hellenistischen Heiligtümern463 und war wie diese mit erlesenen Kunstschätzen angefüllt. Obwohl als Forum gedacht und genutzt, hatte das Caesarforum darüber hinaus den Charakter eines Schatzhauses, genauso wie die nach seinem Beispiel in Rom errichteten Kaiserfora464. Typisch für Caesars Charakter und gleichzeitig innovativ war außerdem, dass er nicht wie Pompeius mit seinem Theater eine ihm zur Verfügung stehende Fläche bebaute. Er hat statt dessen durchgesetzt, dass sein Forum mitten im dichtbebauten Zentrum der Stadt und an genau der Stelle entstand, wo er es aus städtbaulichen Erwägungen heraus für sinnvoll hielt, `koste es, was es wolle´ - dies sollte ebenfalls in der Kaiserzeit Schule machen465.
Die Folgen der Eroberung Griechenlands durch die Römer und ihrer Begegnung mit dem hellenistischen Königreich der Ptolemäer in Ägypten für das römische Portrait:
13. Dia - WIEDERHOLUNG
links:
- Büsten der Eheleute vom Ehepaarsarkophag aus Cerveteri in Rom, Villa Giulia, Ende 6. Jh. v. Chr.
rechts:
- Portraitkopf aus Bronze, galt früher (irrtümlich) als Portrait des L. Iunius Brutus
Rom, Kapitolinische Museen, Konservatorenpalast, 4.-3. Jh. v. Chr.
Musei Capitolini. Guida 2006, S. 84
Links sehen wir noch einmal die Büsten der Eheleute vom sog. Ehepaarsarkophag aus Cerveteri in der Villa Giulia in Rom. Mit diesen beiden Plastiken waren ganz bestimmte Personen gemeint, die in dem Sarkophag bestattet waren, auf dessen Deckel sie lagern, doch es handelt sich um ein mit Modeln geformtes Bildwerk, von dem es im Louvre sogar eine Kopie gibt - das heißt, keinesfalls um ikonographische Portraits der beiden Personen, was zu dem frühen Zeitpunkt der Entstehung dieser Bildwerke ohnehin nicht zu erwarten ist. Rechts zeige ich Ihnen noch einmal den sog. Brutus, es handelt sich um ein ikonographisches Portrait, das sich ins 4.-3. Jh. v. Chr. datieren lässt, das sich jedoch, auf Grund des fehlenden Fundkontextes leider nicht genauer datieren lässt. Haar- und Bartracht sind die eines Römers der mittleren Republik. Wie erwähnt, ist dies eines der qualitätvollsten und eindrucksvollsten römischen Portraits, das sich aus der Antike erhalten hat, wir wissen nur leider nicht, wen es darstellt.
Es ist gut vorstellbar, dass der Kopf des sog. Brutus zu einer öffentlich aufgestellten Ehrenstatue gehört hatte. Im Folgenden werde ich Ihnen, beginnend mit diesem Portrait, römische Bildnisse zeigen, die chronologisch geordnet sind und bis in die späte Republik reichen. In den Fällen, in denen wir die Entstehungsumstände dieser Bildnisse kennen, handelt es sich um öffentlich aufgestellte Werke. Wundern Sie sich bitte nicht, dass es sich ausschließlich im Darstellungen von Männern handelt. Für den Zeitraum der römischen Republik erfahren wir meines Wissens nur in einem Fall, dass eine Frau mit einer öffentlich aufgestellten Ehrenstatue geehrt worden ist. Es handelte sich um Cornelia, der Mutter der Gracchen466, doch sie war nicht nur die Mutter prominenter Söhne, sondern vor allem auch die Tochter von Scipio Africanus maior. Diese Statue stand in der Porticus Metelli und später in der Porticus Octaviae467.
14. Dia
B. ANDREAE et al. 2004, S. 196-205, bes. 198, Photo,
Vulci, Tomba François, Befreiung des Etruskers Caile Vipinas (Caelius Vibenna) durch den Etrusker Macstrna (Mastarna), den späteren König von Rom, Servius Tullius (spätes 4. Jh. v. Chr.)
Einen Sonderfall in dieser Reihe von Darstellungen historischer (männlicher) Personen sehen wir hier auf einem Wandgemälde der Tomba François in der Etruskerstadt Vulci, die, wie wir bereits gesehen hatten, im späten 4. Jh. v. Chr. ausgemalt worden war. Sie erinnern sich vielleicht noch an das Bild des Grabherrn Vel Saties in seinem purpurnen Prunkmantel. Dieser Mann ließ Szenen aus der Geschichte Vulcis in seinem Kammergrab darstellen, wozu das hier wiedergegebene Bild gehört. Es stammt aus dem Ausstellungskatalog Bernard Andreae et al. 2004. Glücklicherweise sind die dargestellten Personen beschriftet: wir sehen links den gefangenen Etrusker Caile Vipinas (Caelius Vibenna), dessen Handfesseln von dem Etrusker Macstrna (Mastarna), rechts im Bild, gelöst werden. Es handelt sich um historische Personen, auch der wiedergegebene Vorgang ist aus verschiedenen antiken Schriftquellen und einer Inschrift468 bekannt.
Beachten Sie bitte, dass auch diese beiden Männer unbekleidet dargestellt sind, eine Besonderheit, die wir ja bereits bei den Tyrannenmördern des Kritios und Nesiotes kennengelernt hatten. Für die Art der Wiedergabe dieser Männer haben Vorbilder aus Großgriechenland gedient, doch ausgeführt haben diese Bilder lokale Handwerker. Wie Sie in der Liste der Begriffe zur 1. Vorlesungsstunde nachlesen können, ist der hier als Mastarna bezeichnete Mann identisch mit dem späteren König von Rom, Servius Tullius469. Leider ist dies die einzige erhaltene antike Darstellung eines jener Könige Roms, mit denen wir uns in dieser Vorlesung beschäftigt haben, doch ein ikonographisches Bildnis ist es natürlich nicht. Von den römischen Königen ist ja auf Grund des frühen Zeitraums ihrer Herrschaft ohnehin nicht zu erwarten, dass Bildwerke, die sie darstellten, ihre Köpfe als ikonographische Portraits wiedergaben.
15. Dia
links:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010, S. 31, Photo: Portraitkopf eines Jungen, M. Aemilius Lepidus ?, Bronze, Florenz, Museo Archeologico, 3. Jh. v. Chr. (C. PARISI PRESICCE)
oben rechts:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010, S. 30, 116, Abb.1, Photo: Rückseite eines Denars, Musei Capitolini: Reiterstatue des M. Aemilius Lepidus, aufgestellt in der Area Capitolina auf dem Capitolium (C. PARISI PRESICCE; M. CADARIO)
unten rechts:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010
S. 20, 21, 119, Abb. 3, Photo: Rückseite eines Denars, Musei Capitolini: M. Aemilius Lepidus krönt König Ptolemaios V. (C. PARISI PRESICCE; M. CADARIO)
Dieser Bronzekopf im Archäologischen Museum von Florenz ist zweifellos ein ikonographisches Bildnis, das einen jungen Römer wiedergibt. Datiert wird der Kopf ins 3. Jh. v. Chr., abgebildet finden sie ihn im Ausstellungskatalog Eugenio La Rocca et al. 2010, die Abbildungen der Münzen ebenso. Claudio Parisi Presicce hat in seinem Beitrag in Eugenio La Rocca 2010 überzeugend herausgearbeitet, dass dieser Kopf starke stilistische Ähnlichkeiten mit gleichzeitigen Portraits der ptolemäischen Könige von Ägypten aufweist, die damals oft jahrelang in Rom weilten, um mit Hilfe der Römer ihre Herrschaft in Ägypten zu konsolidieren. Wir wissen auch, dass in dieser Zeit wiederholt römische Senatoren nach Ägypten gereist sind, um in diplomatischer Mission verschiedene dieser Herrscher aufzusuchen.
Parisi Presicce schlägt vor, dass es sich bei dem links gezeigten Bildnis um den Kopf jener Ehrenstatue handele, die Sie auf der Münze oben rechts sehen. Auf dieser Münze ist die Reiterstatue des M. Aemilius Lepidus470 dargestellt, die ihn, wie wir aus antiken Schriftquellen erfahren, als Jungen von 15 Jahren wiedergab, angetan mit Toga praetexta und Bulla. Diese Ehrenstatue des jungen Lepidus war vom römischen Senat in Auftrag gegeben worden und stand in der Area Capitolina auf dem Capitolium. Lepidus hatte im Kampf einen anderen römischen Bürger aus Lebensgefahr gerettet, und den entsprechenden Feind getötet, dessen Waffen er auf dem Münzbild als Tropaion geschultert hat. Wenig später wurde derselbe junge Mann ausersehen, um in Ägypten Tutor des Thronerben zu werden, der noch ein Kind471 war, und den er im Jahre 201 v. Chr. zum König krönte: als Herrscher nennen wir diesen König Ptolemaios V., die Krönungszeremonie ist auf der Münze unten rechts wiedergegeben. Beide Münzen wurden 65 bzw. 61 v. Chr. vom gleichnamigen Nachfahren des Lepidus geprägt472.
16. Dia
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010
S. 30, 39, Abb. 2, Photo: Goldstater des T. Quinctius Flamininus cos. 198, in Griechenland geprägt, London, British Museum, 196 v. Chr. erfolgte seine Proklamation der Freiheit der Hellenen (C. PARISI PRESICCE; A. LO MONACO)
Das früheste, exakt datierbare ikonographische Bildnis eines Römers sehen wir auf dieser Münze: Es handelt sich um T. Quinctius Flamininus473 und die Münze ist in die Jahre 196-194 v. Chr. datierbar. Ohne die entsprechenden Ämter Aedilität und Praetur bekleidet zu haben und ohne älter als 30 Jahre zu sein, wurde er im Jahre 198 v. Chr. sensationellerweise zum Consul gewählt, im `Zeitalter der Scipionen´ (ca. 230-180 v. Chr.474), die ihn erheblich unterstützt haben. 200 v. Chr. übernahm er den Oberbefehl im Balkan, im Krieg gegen Philipp V. von Makedonien, als Prokonsul gelang ihm 197 v. Chr. der Sieg bei Kynoskephalai in Thessalien. Er schloß Frieden mit Philipp und es gelang ihm eine Neuordnung von Hellas, Philipp musste auf die ehemals `griechischen´, das heißt, autonomen Gebiete verzichten. 194 v. Chr. feierte Flamininus in Rom einen glanzvollen dreitägigen Triumph, bei dem zum ersten Mal die großen Reichtümer der griechischen Welt in Rom zu bestaunen waren.
Das Besondere an diesem Goldstater, den Sie ebenfalls im Katalog Eugenio La Rocca et al. 2010 abgebildet finden, ist die Tatsache, dass T. Quinctius Flamininus diese Münze in Griechenland geprägt hat475, wo ihn die Griechen mit Ehren überhäuft und als Soter, Retter gefeiert haben. Da der Dargestellte im Jahre 196 die Freiheit der Hellenen (von der makedonischen Vorherrschaft) proklamiert hatte und Griechenland im Jahre 194 v. Chr. schon wieder verließ, ist die Münze in den Zeitraum 196-194 v. Chr. datierbar.
17. Dia
Hintergrund:
Eigene Karte: Via Appia zwischen Porta Capena und Porta S. Sebastiano (Porta Appia)
links:
Eigene Karte: Grab der Cornelii Scipiones an der Via Appia
Wie Sie dem Aufsatz von Tonio Hölscher 2004 und 2008 entnehmen können, war eine Ehrenstatue für einen verdienten römischen Militär im öffentlichen Raum eigentlich noch besser geeignet, den Ruhm dieses Mannes und seiner Familie dauerhaft zu mehren als das doch recht flüchtige Erlebnis seines Triumphzuges in Rom, auch deshalb, weil diese relativ häufig stattfanden.
Hinzu kamen die Möglichkeiten zur Repräsentation im Wohnhaus dieses Mannes sowie in seinem Grab. Eindrucksvolle bauliche Reste von republikanischen Wohnhäusern des Adels haben sich in Rom nur in wenigen Exemplaren erhalten, doch es gibt eine bedeutende, zu Beginn des 3. Jhs. v. Chr. angelegte Grabanlage, und zwar die der Cornelii Scipiones an der Via Appia. Wie Nicholas Purcell 1987 feststellen konnte, was das neue Stadtviertel an der Via Appia, das zu Beginn des 3. Jhs. v. Chr. außerhalb der Porta Capena der Servianischen Stadtmauer entstanden ist, nach dem Vorbild des Friedhofs in Athen, dem Kerameikos, angelegt. Dies war kein Zufall, da die Familien, die sich hier ansiedelten, wie die der Cornelii Scipiones, zu den erklärten Philhellenen der römischen Aristokratie zählten. Sie legten hier ihre außerhalb der Stadt befindlichen Horti (Luxusvillen) an, zu denen Grabbauten, wie das hier betrachtete gehörten, außerdem errichteten sie hier Tempel. Das Ganze diente obendrein der `einfachen´ Bevölkerung Roms als Naherholungsgebiet und war von so großer Bedeutung, dass die in der ersten Bauphase im Jahre 271-275 n. Chr. errichtete Aurelianische Stadtmauer dieses ganze Gebiet umschlossen hat, womit es nun innerhalb der Stadtmauer in Sicherheit war.
18. Dia
oben links und unten:
LTUR IV (1999)
Abb. 137, Grundriss: Rom, Grab der Cornelii Scipiones an der Via Appia mit der wahrscheinlichen Position der Sarkophage (I. GISMONDI, nach: F. COARELLI 1972)
Abb. 138, Zeichnung: Rom, Grab der Cornelii Scipiones an der Via Appia, Rekonstruktion der Fassade (nach: F. COARELLI 1972)
oben Mitte:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010
S. 140, Abb. 3, Photo: Tuffsarkophag des L. Cornelius Scipio Barbatus (gestorben ca. 260 v. Chr.), Città del Vaticano, Vatikanische Museen (C. VALERI)
oben rechts:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010
S. 238, 316-317, Kat. Nr. IV.5, Portrait eines jungen Mannes mit Lorbeerkranz, sog. Ennius, aus Rom, Grab der Scipionen, Città del Vaticano, Musei Vaticani, ursprünglich farbig gefasster Tuff, Mitte des 2. Jhs. v. Chr. (C. VALERI)
Das Portrait des jungen Mannes, der sog. Ennius oben rechts im Dia besteht aus ehemals farbig gefasstem Tuff und wird in die Mitte des 2. Jhs. v. Chr. datiert. Das Bildwerk ist von mäßiger Qualität, doch auf Grund seines Fundorts von großem Interesse476. Dieser Kopf ist von einer Statue abgebrochen und wurde früher für das Bildnis des Dichters Q. Ennius477 gehalten, weil es innerhalb des Scipionengrabes entdeckt wurde, und weil der Dargestellte einen Lorbeerkranz trägt. Der Dichter Ennius war Klient der Scipionen, die ihn sehr gefördert haben, und wir erfahren aus antiken Schriftquellen, dass die Scipionen in ihrem Grab eine Portraitstatue des Dichters aufstellen ließen. Die unten auf diesem Dia erscheinende Rekonstruktionszeichnung des Fassade des Scipionengrabes zeigt Ihnen ganz links diese Bildnisstatue des Ennius478. Interessanterweise erfahren wir aus antiken Schriftquellen, dass in späterer Zeit die Besucher des Scipionengrabes sehr viel mehr daran interessiert waren, dieses Bildnis des Ennius zu besichtigen als jene der Scipionen479.
Das Enniusbildnis, welches im Scipionengrab stand, war im 3. Jh. v. Chr. entstanden. Da das hier betrachtete Tuffbildnis in die Mitte des 2. Jhs. v. Chr. datierbar ist, wird es inzwischen nicht mehr für ein Portrait des Ennius gehalten. Auf Grund des Lorbeerkranzes wird im Ausstellungskatalog Eugenio La Rocca et al. 2010 angenommen, es handele sich statt dessen um eines der hier bestatteten Familienmitglieder der Cornelii Scipiones, das einen Triumph gefeiert habe. Nun gab es während der Republik zweifellos sehr viele Ausnahmen bezüglich der Einhaltung des Mindestalters zur Bekleidung von Magistraturen, und wir wissen, dass die Scipionen zeitweise sehr mächtig waren, doch dieser Mann ist wirklich noch sehr jung.
Das Portrait des jungen Mannes und der gleichfalls aus Tuff gefertigte Sarkophag, oben in der Mitte auf dem Dia, sind im Ausstellungskatalog Eugenio La Rocca et al. 2010 abgebildet. Der Grundriss des Grabes mit Einzeichnung der Position der Sarkophage und die Rekonstruktion der Fassade des Scipionengrabes stammen aus dem LTUR Band IV; diese Grabfassade folgt griechischen Vorbildern480. Der hier gezeigte Tuffsarkophag befindet sich in den Vatikanischen Museen. Es handelt sich um den einzigen in diesem Grab angetroffenen Sarkophag, der mit Reliefs verziert ist, seine Form und die Reliefdekoration folgen griechischen Vorbildern. Wie die zugehörige Inschrift, das Elogium vermeldet, war in diesem Sarkophag L. Cornelius Scipio Barbatus (gestorben ca. 260 v. Chr.) bestattet481. Die Elogia der in diesem Grab angetroffenen Sarkophage zeigen an, dass Grabbauten wie diese häufig besucht worden sind; dies erfahren wir, wie erwähnt, im Fall des Scipionengrabes an der Via Appia auch aus antiken Schriftquellen.
Aber nicht nur berühmte römische Militärs, wie die Mitglieder der Familie der Cornelii Scipiones ließen sich von der Kunst Griechenlands `gefangennehmen´, wie Horaz und andere römische Schriftsteller geschrieben haben - was man im Fall des Scipionengrabes sowohl an der Gestaltung des gesamten Stadtviertels, in welchem sich das Grab befindet, in der Art des Athener Kerameikos erkennen kann, sowie an der Fassade des Grabes und an der Gestaltung des Sarkophags des L. Cornelius Scipio Barbatus. Falls die im Folgenden erwähnten Marmorportraits tatsächlich Kopien der im Scipionengrab aufgestellten Portraitstatuen einiger der in diesem Grab bestatteten Männer darstellen sollten, würde dies gleichermaßen für diese Portraits gegolten haben.
Wir werden gleich sehen, dass dies analog auch schon für etruskische Handelsherren gegolten hatte.
19. Dia - WIEDERHOLUNG
links:
Portraitstatue des `Arringatore´, Florenz, Museo Archeologico
M. CRISTOFANI 1985
S. 64-72, 242, 300, Kat. 129 - Gesamtaufnahme von vorn rechts
Dat.: 2. Jh. v. Chr. oder nach 89 v. Chr.
rechts:
Kopf des `Arringatore´, von unten rechts gesehen
M. CRISTOFANI 1985, S. 243, Kat. 129
Wie Ich Ihnen bereits in einer früheren Sitzung dieser Vorlesung vorgetragen hatte, ist uns der Name des hier noch einmal gezeigten Etruskers, des `Arringatore´ im Archäologischen Museum von Florenz namentlich bekannt, da auf der Rückseite dieser Portraitstatue sein Name steht: Avle Metele (Aulus Metellus); wir wissen außerdem, dass diese Ehrenstatue in der Heimatstadt des Dargestellten aufgestellt gewesen ist. Nach Ansicht des Portraitforschers Klaus Fittschen weisen die der Statue ablesbaren Standes- und Amtsinsignien zusammengenommen diesen Mann als römischen Bürger (der Oberschicht) aus, und da den italischen Bundesgenossen im Jahre 89 v. Chr. das römische Bürgerrecht verliehen wurde, liefere dieses Geschichtsdatum einen terminus post quem für die Entstehung der Statue482 - die Statue muss nach dieser Hypothese also nach 89 v. Chr. entstanden sein. Neuerdings wird dagegen eine Datierung der Statue bereits in die 1. Hälfte des 2. Jh. v. Chr. vorgeschlagen483, bzw. um 100 v. Chr.484, mit der Konsequenz, dass dies, wenn eine dieser Behauptungen den Tatsachen entsprechen sollte, die bislang geltende Überzeugung, die Toga sei exklusiv von Männern mit römischem Bürgerrecht getragen worden, widerlegen würde.
Wie dem auch sei, Claudio Parisi Presicce 2010 vertritt in seinem Beitrag im Katalog von Eugenio La Rocca et al. 2010 die überzeugende Ansicht, dass derartige Statuen von Italikern nur möglich waren im Fall, dass diese `Geschäftsleute´ persönlich mit der griechischen Welt nicht nur in Berührung gekommen waren, sondern dauerhafte Kontakte mit ihr pflegten. Diese Leute hätten der griechischer Kunst und Lebensart derartig positiv gegenüber gestanden, dass sie sich auch in einer Weise hätten portraitieren lassen, die griechischen Kunsteinfluss verrate - in diesem Fall nicht was die Tracht485, sondern was den Stil des Bildnisses betrifft.
20. Dia
E. LA ROCCA und S. TORTORELLA 2008, S. 178-179, Kat. Nr. II.2.1,
`Tivolifeldherr´, Portraitstatue, Marmor, aus dem Heiligtum des Hercules Victor in Tivoli, Rom, Museo Nazionale Romano, Palazzo Massimo alle Terme (T. Hölscher), sullanisch
Die hier gezeigte überlebensgroße Statue stellt einen Feldherrn486 dar, der bis auf seinen Mantel unbekleidet ist, "der von der linken Schulter über den Rücken nach vorn gezogen ist, so daß er Unterkörper und Oberschenkel bedeckt und sein Ende über den vorgestreckten Unterarm fällt. Neben dem linken Bein steht sein mit einem Medusenhaupt, einem Gürtel und einer doppelten Reihe von Pteryges (`Flügeln´) versehener Panzer und dient zugleich als Stütze ... Der rechte Arm stützte sich wahrscheinlich auf eine auf der Plinthe aufstehende Lanze ..."487. Mit der Linken hielt er vermutlich ein Schwert488.
Ehrenstatuen für verdiente römische Militärs wie die hier betrachtete, orientieren sich an Ehrenstatuen für Griechen des 2. Jhs. v. Chr. Was Sie sich an diesem, und allen vergleichbaren Portraitstatuen der römischen Republik, welche siegreiche Feldherrn wiedergeben, merken sollten, ist die auf den ersten Blick merkwürdige Tatsache, dass jeweils ein idealer, zumeist unbekleideter männlicher Körper, für den ein griechischer Statuentyp zum Vorbild gewählt wurde, mit dem ikonographischen Bildnis der dargestellten Person verbunden wird, dessen Alterszüge schonungslos wiedergegeben sind. Hierbei handelt es sich nicht um künstlerisches Unvermögen, sondern um eine gedankliche Konzeption, welche diesen so gegensätzlichen Formen bestimmte Werte zumaß, deren Kombination für den Anlass der Statuenweihung passend erschien.
Wie die Tatsache zu bewerten ist, dass ein erwachsener Mann nahezu unbekleidet dargestellt werden konnte, hatten wir bereits im Falle der Tyrannenmördergruppe der Künstler Kritios und Nesiotes gehört. Der hier gezeigte Mann ist von insgesamt drei Portraits bekannt, wobei eins davon in Griechenland gefunden wurde. Da das Entstehungsdatum des Heiligtums in Tivoli bei Rom bekannt ist, in welchem die Statue gefunden wurde, und sich das Portrait stilistisch datieren lässt, kann man die Statue in die Zeit Sullas datieren, weshalb es plausibel ist anzunehmen, es handele sich um einen Feldherrn aus dem Umkreis Sullas, von denen mehrere nachweislich aus Tivoli stammten. Eine Zusammenstellung derartiger Portraits verdienter Römer sind im Katalog Eugenio La Rocca et al. 2010 publiziert.
Im darin enthaltenen Beitrag von Matteo Cadario 2010 wird die interessante Frage gestellt, wie, da die Ikonographie ja griechischen Vorbildern folgt, beim Fehlen einer Inschrift die Nationalität des Dargestellten feststellbar sei. Dabei verwundert es nicht, dass dies nur anhand von sicher bestimmbaren sog. Antiquaria möglich ist: so erweist sich der hier wiedergegebene Feldherr als Römer anhand seines mit Fransen besetzten Manteltyps489.
Cadario ist offenbar unbekannt, dass mit der Statue der Rest der zugehörigen lateinischen Inschrift (der titulus) gefunden wurde, die ebenfalls beweist, dass es sich in diesem Fall um einen Römer handelt; die Inschrift nannte den cursus honorum, da aber jener Teil der Inschrift mit dem Namen des Mannes und dem Anlass der Weihung verloren ist, gibt es Vorschläge zur Identifizierung der wiedergegebenen Persönlichkeit, aber keine sichere Zuschreibung. Nach Tonio Hölscher 2004 und 2008 vermittelt das Portrait des hier gezeigten `Tivolifeldherrn´ auf Grund des idealen griechischen Körpers das Charisma des siegreichen römischen Feldherrn, in Kombination mit dem Wert großer geistiger Erfahrung - was seinen Gesichtszügen ablesbar sei. Im hier betrachteten Fall beweist bereits die Tatsache, dass eines der drei Portraits dieses Mannes in Griechenland gefunden wurde, dass die wiedergegebene Person persönliche Kontakte mit Griechenland hatte.
21. Dia
links:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010
S. 195, 279-280, Kat. Nr. II. 9, Portraitkopf auf moderner Büste des M. Tullius Cicero (106-43 v. Chr.), Marmor, Kapitolinische Museen, Palazzo Nuovo, um 40 v. Chr., augusteisch oder trajanisch ? (F. LICORDARI)
rechts:
E. LA ROCCA, C. PARISI PRESICCE, A. LO MONACO 2010
S. 194, 278-279, Kat. Nr. II.8, Photo: Portraitkopf eines Mannes, sog. Vergil, Marmor, Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek, 2.-1. Jh. v. Chr. (L. BUCCINO)
Der links gezeigte Kopf in den Kapitolinischen Museen, Palazzo Nuovo, zeigt den berühmten Redner und Consul Marcus Tullius Cicero490, das Bildnis rechts daneben in der Ny Carlsberg Glyptothek in Kopenhagen gehört zum Portraittypus des sog. Vergil. Beide Portraits sind in mehreren Exemplaren überliefert und beide sind im Katalog Eugenio La Rocca et al. 2010 abgebildet. Die Benennung des Cicerobildnisses stützt sich auf die Inschrift "CICERO" an einer Replik dieses Portraits, deren Echtheit aber auch schon angezweifelt worden ist. Des Weiteren ist sich die Forschung bezüglich der Entstehungszeit des hier gezeigten Bildnisses uneinig (um 40 v. Chr., augusteisch oder trajanisch).
Im Fall des sog. Vergilportraits ist eines klar: dieses Bildnis folgt hellenistischen Vorbildern. Alles weitere ist umstritten: die Datierung des zu Grunde liegenden Originals, die Datierung der hier gezeigten Kopie, ferner, ob es sich um einen Griechen oder um einen Römer, um einen Politiker oder um einen Dichter handelt (!). So ist u. a. vorgeschlagen worden, dass dieses Portrait im 2. Jh. v. Chr. entstanden sei, und dass es sich bei diesem Typus um eines der Marmorportraits im Scipionengrab an der Via Appia handele491, das wir uns soeben angesehen haben, und zwar um das des Dichters Ennius492. Wir wissen ja aus antiken Schriftquellen, dass von einigen der dort bestatteten Scipionen Marmorstatuen in diesem Grab aufgestellt waren, außerdem gab es dort eine Portraitstatue des Ennius. Ich schildere Ihnen die Problematik dieser beiden Portraits, weil sie typisch ist für die Erforschung der Bildnisse der römischen Republik: im Unterschied zu den Portraits der römischen Kaiserzeit mit ihrem chronologischen Gerüst, welches die fest datierten Münzportraits der Kaiser bieten, fehlt uns eine derartig verlässliche Chronologie für die Bildnisse der römischen Republik - besonders für den Zeitraum 2.-1. Jh. v. Chr., in den das sog. Vergilportrait datiert wird. Wir besitzen daher eine eindrucksvolle Fülle hervorragender römischer Bildnisse wie den hier gezeigten sog. Vergiltypus, da dieser Mann jedoch nicht auf einer Darstellung erscheint, die seinen Namen nennt, wie z. B. auf einer Münze, wissen wir nicht, um wen es sich handelt.
22. Dia
Eigene Karte: Palatin und Circus Maximus
Nach unserem Exkurs zu den Fragen, wie die Eroberungen des Mittelmeerraums und besonders der griechischen Welt die Römer selbst und die Stadt Rom verändert haben, kommen wir wieder zurück zum Palatin, dem Tempel der Magna Mater, der römischen `Theologie des Sieges´ und jenem `schönsten Tag im Leben eines römischen Consuls´, wenn er einen Triumph in Rom feiern durfte. Wir sehen auf meiner Karte einen Teil des Prozessionsweges der Triumphzüge, den Circus Maximus, von wo aus die Umrundung des Palatins in Richtung zum Forum Romanum fortgesetzt wurde.
23. Dia
E. LA ROCCA und S. TORTORELLA 2008, S. 136-137,
Darstellung eines Triumphzuges mit 88 farbig gefassten Gipsfiguren (Ausschnitt), Rom, Museo della Civiltà Romana (A. LO MONACO), Künstler: Rosatelli, 1930er Jahre
Dieses Bild stammt, wie die folgenden, aus der Publikation von Eugenio La Rocca und Stefano Tortorella 2008 über die Trionfi Romani, das im Apparat unserer Vorlesung steht. Sie sehen farbig gefasste Gipsfiguren im Museo della Civiltà Romana, die einen Triumph wiedergeben: Beutestücke, die Opferstiere für Iuppiter Optimus Maximus und den von vier Schimmeln gezogenen Triumphwagen mit dem Triumphator.
24. Dia
E. LA ROCCA und S. TORTORELLA 2008, S. 77, 78, Abb. 1,
Ansicht des Circus Maximus, Umzeichnung eines Marmorreliefs der Sammlung Mattei, kaiserzeitlich, E. DUPERAC (A. LO MONACO)
Hier sehen Sie einen Stich nach einem kaiserzeitlichen Marmorrelief: dargestellt ist der Circus Maximus von Süden gesehen: wir erkennen einen Triumphator im Triumphwagen, hinter ihm (gleichfalls im Triumphwagen) steht der Staatssklave, der den Lorbeerkranz über seinen Kopf hält, und im Hintergrund sitzen zahlreiche Zuschauer auf den Zuschauerrängen des Circus Maximus.
25. Dia
E. LA ROCCA und S. TORTORELLA 2008, S. 41, Abb. 6, S. 85-88, Abb. 2,
Profectio und Adventus (Auszug in den Krieg und Heimkehr/ Triumph),
Zwei Verkleidungsplatten aus farbig gefasster Terrakotta, aus Acquarossa, Viterbo, Museo Archeologico Nazionale, 550-540 v. Chr. (M. TORELLI); S. 117, Kat. Nr. I.2.1 (S. TORTORELLA)
Die Obsession zu siegen setzt bei den Römern bereits in der Archaik ein: diese farbig gefassten Terrakottaplatten, die ehemals das Wohnhaus eines Aristokraten oder einen von ihm gestifteten Sakralbau zierten, stammen aus Acquarossa und befinden sich in Viterbo, im Museo Archeologico Nazionale, sie werden im Katalog von Eugenio La Rocca und Stefano Tortorella 2008 in die Zeit 550-540 v. Chr. datiert. Wir sehen den Horizont der Männer des Adels: Profectio und Adventus (Auszug in den Krieg und Heimkehr), was gleichbedeutend war mit Triumph493. Szenen mit der Thematik `Profectio und Adventus´ werden Sie auch auf kaiserzeitlichen Triumphbögen wiederfinden.
26. Dia
E. LA ROCCA und S. TORTORELLA 2008, S. 85-87, Abb. 4,
Hochzeitszug, Umzeichnung von zwei Verkleidungsplatten aus farbig gefasster Terrakotta, aus Velletri, Typus Roma-Veio-Velletri, Neapel, Museo Archeologico Nazionale, 530-510 v. Chr.
Im selben Katalog sind diese Umzeichnungen von zwei Verkleidungsplatten aus farbig gefasster Terrakotta vom Typus Roma-Veji-Velletri publiziert. Sie werden 530-510 v. Chr. datiert, stammen aus Velletri und befinden sich in Neapel, im Museo Archeologico Nazionale. Sie zeigen die andere Obsession des Adels, den Ausbau einer stabilen Familie, die ja Grundlage ihrer Machtposition war - es handelt sich nämlich um einen Hochzeitszug. Das hat sich bis heute beim europäischen Adel nicht geändert: wie man mir erzählt hat, wurde unlängst die Hochzeit der schwedischen Kronprinzessin Viktoria fünf Stunden lang im (deutschen !) Fernsehen übertragen.
27. Dia
M. Albertoni, I. DAMIANI 2008, S. 61, Abb. 69,
Photo: Terrakottaverkleidung aus dem Giardino Romano (IOM-Tempel), 540-520 v. Chr.
Wenn Sie genau hingeschaut haben bei dem eben gesehenen Hochzeitszug, dann kam Ihnen dieser vielleicht bekannt vor. Genau, ein Exemplar dieses Hochzeitszuges stammt auch aus der Ausgrabung des Tempels für Iuppiter Optimus Maximus auf dem Capitolium innerhalb des ehemaligen Giardino Romano. Sie finden es in der Publikation von Margherita Albertoni und Isabella Damiani 2008. Es wird in diesem Katalog 540-520 v. Chr. datiert und gehört also ebenfalls zu einem Wohnhaus eines Aristokraten oder zu einem von ihm gestifteten kleinen Sakralbau.
28. Dia - WIEDERHOLUNG
oben:
A. LA REGINA 2009, S. 107, S. 107, Photo:
- Reliefblock vom sog. Bocchusmonument, sullanisch, ca. 80 v. Chr., Rom, Kapitolinische Museen, Centrale Montemartini
unten:
C. REUSSER 1993, S. 132-135, Abb. 65,
Photo: sog. Bocchusmonument, Detail des Blockes mit den Viktorien (Teile des Ornats des Triumphators: Lorbeerkranz, Palmzweig und calbei)
Da wir soeben Darstellungen von römischen Triumphatoren gesehen haben, zeige ich Ihnen hier noch einmal einen der Blöcke des sog. Bocchusmonuments, dessen Fragmente am Fuße des Capitolium entdeckt worden sind. Und zwar den Block mit den beiden Viktorien. Diese setzen einen Lorbeerkranz auf einen Rundschild, der mit Reliefs verziert ist: wir erkennen einen Adler mit ausgebreiteten Schwingen, auf denen ein Palmzweig liegt - der Adler ist das Attribut Iuppiters, unter dessen Schutz der Triumphator stand, und dessen Ornat er am Tage seines Triumphes trug. Von diesem Palmzweig hängen links eine Stoffbinde und zwei ringförmige Gegenstände herab. Christoph Reusser 1993494 hat erkannt, dass es sich bei den soeben aufgezählten Gegenständen um Teile des Ornates eines römischen Triumphators handelt: den Lorbeerkranz, den er auf dem Kopf trug, den Palmzweig, den er in der Hand hielt, eine Siegerbinde, sowie um die calbei, am Arm getragene Reifen.
Demnach sollte mit diesem Denkmal ein Triumphator geehrt werden. Unter dem Lorbeerkranz halten zwei Eroten eine tabula, auf der sich möglicherweise eine gemalte Inschrift mit dem Namen des Triumphators befand, der mit diesem Denkmal geehrt worden war495. Es ist wirklich schade, dass dieses Monument zu einer Zeit ausgegraben wurde, als man noch nicht jene Verfahren entwickelt hatte, die man heute bei Steindenkmälern einsetzen kann, um darauf ehemals befindliche Malereien oder z. B. Inschriften sichtbar zu machen, die mit bloßem Auge nicht (mehr) erkennbar sind.
29. Dia
E. LA ROCCA und S. TORTORELLA 2008
S. 124-125, Kat. Nr. I.2.6, Silberschatz von Boscoreale, `Tiberiusbecher´, Paris, Louvre, tiberisch
Auch diese Abbildung stammt aus dem Katalog von Eugenio La Rocca und Stefano Tortorella 2008. Wir sehen den `Tiberiusbecher´ aus dem Silberschatz von Boscoreale in Paris im Louvre496. Er wird tiberisch datiert. Dargestellt ist Tiberius als Triumphator, wir sehen den Staatssklaven, der den Lorbeerkranz über seinen Kopf hielt und der die berühmten Worte sprach: "Bedenke, dass Du ein Mensch bist", worauf ich noch einmal zurückkommen werde. Dies war eigentlich eine sehr vernünftige Vorsichtsmaßnahme der Römer. Denn der Triumphator feierte an diesem Tag ja nicht nur einen höchst bemerkenswerten militärischen Sieg, sondern er war auch seinem obersten Gott angeglichen: er trug dieselbe Kleidung wie das Kultbild des Iuppiter Optimus Maximus, er hielt wie dieses das mit einem Adler bekrönte Szepter in der Hand, und sein Gesicht war gleichfalls mit Mennige rot gefärbt. Auf diesem Silberbecher hält auch der triumphierende Kaiser Tiberius das Adlerszepter und den Palmzweig in seinen Händen.
30. Dia
Eigene Karte: Eigene Karte: Palatin und Circus Maximus
Wir sehen nun noch einmal meine eigene Karte: wir fahren in Gedanken mit dem Triumphator vom Circus Maximus jene Straße zwischen Palatin und Caelius entlang, die uns zum Forum Romanum bringen wird, sie heißt heute Via di S. Gregorio. Beachten Sie bitte die Lage des Aquädukts, das den Palatín mit Wasser versorgte, und in der Ferne das Colosseum.
31. Dia
L. FERREA 2002, Ostabhang des Palatins
Dieses Luftbild derselben Gegend in Rom mit Circus Maximus, Palatin, Caelius und Colosseum, finden Sie im Ausstellungskatalog von Laura Ferrea 2002, der dem `Giebel von der Via di S. Gregorio´ gewidmet ist. Diesen Katalog finden Sie im Apparat unserer Vorlesung. Mit einer blauen Fläche ist der Fundort auf dem Gelände der Via di S. Gregorio eingezeichnet, wo die zu diesem Giebel gehörigen Terrakottastatuen zu Tage kamen; sie wurden 1878, beim Bau eines neuen Abwasserkanals, 7-9 m unter dem damaligen Straßenniveau (der Via di S. Gregorio) gefunden497, also in einer Tiefe, die, wollte man heutzutage eine rein wissenschaftliche Ausgrabung in Rom durchführen um diese Statuen zu bergen, unter keinen Umständen mehr finanzierbar wäre. Unten rechts auf dem Dia sehen Sie noch einmal meine eigene Karte derselben Gegend, der Fundort der Statuen befindet sich hier [ZEIGEN].
32. Dia
Eigene Karte: Substruktion_ Fortuna_Respiciens
Diese Vergrößerung meiner Karte zeigt Ihnen nun noch einmal den Fundort der Statuen des `Giebels von der Via di S. Gregorio´ als grau angelegte Fläche. Diese befindet sich nördlich von der Stelle, an der das eben gesehene Äquädukt das Tal zwischen Caelius und Palatin überwindet.
In unmittelbarer Nähe zum Fundort dieser Statuen befand sich am Ostabhang des Palatins eine auf Substruktionen errichtete künstliche Terrasse, deren Rekonstruktion ich nach einer Kartenskizze von Lucilla Anselmino 2006498 in meine Karte übertragen habe ("site of Temple: FORTUNA RESPICIENS"). Hier nehmen Lucilla Anselmino 2006 sowie Maria José Strazzulla 2006 und im Katalog Eugenio La Rocca et al. 2010 den Tempel der Fortuna Respiciens499 an, wobei sie außerdem der Ansicht sind, dass die Terrakottastatuen des `Giebels von der Via di S. Gregorio´ zu diesem Tempel gehört haben500. Nach Ansicht dieser Forscherinnen handelt es sich bei diesem Tempel um ein Siegesmonument der Mitte des 2. Jhs. v. Chr.501
33. Dia
L. FERREA 2002,
Klapptafel nach S. 141, Zeichnung LAURA FERREAS: Rekonstruktion des gesamten Giebels
Die hier gezeigte Rekonstruktionszeichnung des `Giebels von der Via di S. Gregorio´ stammt von Laura Ferrea und ist in ihrem Katalog 2002 publiziert. Die Funde kamen bereits 1878 zu Tage, es wurden aber nur einige von ihnen restauriert und ausgestellt. Unter der Leitung von Frau Ferrea sind nun alle Stücke, die aus Hunderten von Fragmenten zusammengesetzt sind, in jahrelanger Arbeit erneut restauriert worden. Ferrea ist statt dessen der Ansicht, dass dieser Giebel zu einem Marstempel auf dem Caelius gehört habe502. Bei dem `Giebel von der Via di S. Gregorio´ handelt es sich um den einzigen vergleichsweise gut erhaltenen Giebel mit farbig gefassten Terrakottastatuen Roms (Breite: ca. 20 m). Er ist ausgestellt in den Musei Capitolini, Palazzo Caffarelli und wird von allen Forschern in die Mitte des 2. Jh. v. Chr. datiert.
Die Anordnung der Giebelfiguren ist umstritten, was einerseits damit zusammenhängt, dass der Giebel selbst nicht erhalten ist, den man ja ansonsten auf Spuren der Befestigung der Plastiken untersuchen könnte, und andererseits damit, dass die Figuren als Einzelstücke gearbeitet worden sind, sie hatten also keinerlei `Berührungspunkte´ untereinander. Schließlich waren die Plastiken bereits in der Antike, offenbar nachdem sie beschädigt worden waren, deponiert worden, weshalb auch ihre Fundsituation keinerlei Hinweise auf ihre ursprüngliche Anordnung im Giebel enthielt.
34. Dia
L. FERREA 2002,
S. 153, Taf. 9, Photo: Mars
S. 150, Taf. 6, Photo: Magistrat, der capite aperto opfert
S. 152, Taf. 8, Photo: weibliche Gottheit (Kopf mit Stephane)
S. 155, Taf. 11, Photo: weibliche Gottheit (Kopf nur fragmentarisch erhalten)
Sie sehen hier, in der Anordnung der Figuren, die Laura Ferrea 2002 vorschlägt503, die wichtigsten Statuen dieses `Giebels von der Via di S. Gregorio´: in der Mitte Mars, flankiert von zwei Göttinnen und ganz links einen opfernden Magistraten504, dessen Gesicht leider nicht erhalten ist. Die meisten Forscher halten die rechts sichtbare, sich umschauende Göttin für die Fortuna Respiciens (`die sich umschauende Fortuna´).
Warum ?
Zurück zu meiner Karte Dia 32
Es ist zweifellos richtig, dass sich irgendwo in dem hier gezeigten Ausschnitt der Ostseite des Palatins der Tempel der Fortuna Respiciens befunden hat. Wir wissen überdies, dass der Triumphator auf dieser Straße, der modernen Via di S. Gregorio, vom Circus Maximus kommend, entlangfuhr, um zum Forum Romanum und letztendlich auf das Capitolium, zum Tempel des Iuppiter Optimus Maximus zu gelangen. Außerdem erfahren wir aus einer antiken Schriftquelle, dass der Triumphator vor dem Tempel der Fortuna Respiciens seinen Wagen anhielt, woraufhin der hinter ihm stehende Sklave die rituelle Formel aussprach: "Bedenke, dass Du ein Mensch bist"505. Die Konzeption dieser Schicksalsgöttin Fortuna Respiciens und die Wahl des Standortes ihres Tempels an der Ostseite des Palatins nehmen daher nach der überzeugenden Ansicht von Lucilla Anselmino 2006506 auf die Tatsache Rücksicht, dass alle Triumphatoren an diesem Ort vorbeiziehen mussten507.
35. Dia
La REGINA
Zeichnung: Forum Romanum
Nun sind wir also wieder auf dem Forum Romanum angelangt. Ich zeige Ihnen eine Zeichnung aus dem Romführer von Adriano La Regina 2009, die den heutigen Zustand aus der Vogelschau wiedergibt, weil sie Ihnen mehr als viele Worte demonstrieren kann, wie stark zerstört die hier befindlichen kaiserzeitlichen Gebäude sind. Einigermaßen erhalten sind nur jene antiken Architekturen, die zwischenzeitlich (oder noch heute) als christliche Kirchen genutzt worden sind. Wir sehen wieder die Basilica Aemilia und die Basilica Iulia, welche die Platzfläche des Forum Romanum flankieren, den Tempel für den Divus Iulius und die Regia, den Tempel der Vesta, dessen ewiges Feuer von den vestalischen Jungfrauen gehütet wurde und ihr `Kloster´, das Atrium Vestae, sowie im Westen das sog. Tabularium.
36. Dia
K. S. FREYBERGER 2009, S. 30, Abb. 16,
Grundriss (Republik): Forum Romanum
Dieser Plan des Forum Romanum zur Zeit der Republik stammt aus dem Buch von Klaus Stephan Freyberger 2009. Er zeigt das Forum Romanum während der Republik. Besonders hinweisen möchte ich Sie auf das Comitium und die Curia Hostilia - die Orte der Volksversammlung und das Senatsgebäude, sowie wieder auf die östlich vom Forum Romanum befindliche Regia, den Amtssitz des Rex Sacrorum, wo sich ein Marskult befand.
[Zu den folgenden Dias habe ich frei gesprochen].
37. Dia
links:
K. S. FREYBERGER 2009, S. 28, Abb. 15,
Plan: Comitium
rechts oben:
K. S. FREYBERGER 2009, S. 17, Abb. 7,
Grundriss: Lapis Niger
rechts unten:
T. P. WISEMAN 2008, S. 2-4, Abb. 3,
Zeichnung: Archaische Inschrift vom Volcanal (= Lapis Niger)
38. Dia
links:
K. S. FREYBERGER 2009, S. 39, Abb. 22,
Photo: Basilica Aemilia
oben rechts:
Raub der Sabinerinnen
39. Dia - WIEDERHOLUNG
oben rechts:
T. SCHÄFER
Reiterrelief Ludovisi
unten links:
T. SCHÄFER 1980, S. 364, 368, Abb. 21,
- Umzeichnung: Gemme (Karneol) mit Salierumzug, verschollen
Die ancilia, die Schilde der Salier, wurden in der Regia aufbewahrt; sie galten als "Unterpfänder der römischen Herrschaft"508.
40. Dia
Musei Capitolini 2000, S. 109,
Photo: Konservatorenpalast, eine Wand im Saal der kapitolinischen Consular- und Triumphalfasten
Dieses Dia zeigt Ihnen eine Wand im Saal der kapitolinischen Consular- und Triumphalfasten im Konservatorenpalast. In diesem Saal sind die Listen der Consuln von 483-19 v. Chr. und der Triumphatoren von 753-19 v. Chr. ausgestellt509.
Dia 40.A - VERGRÖSSERUNG vom 40. Dia
Nach allgemeiner Vorstellung gab es vom Anfang der römischen Republik an in jedem Jahr 2 Consuln510. Wir hatten bereits gehört, dass für das erste Jahr der Republik (509 v. Chr.) sogar die Namen von 5 Consuln511 überliefert sind, und dass der englische Althistoriker T. P. Wiseman in seinem Buch 2008 mit dem Titel Unwritten Rome den Nachweis führt, dass dies ganz unwahrscheinlich sei512. Wie Wiseman schreibt, waren auch schon in der römischen Republik Stimmen laut geworden, dass die Stammbäume in den Atria der Wohnhäuser des Adels, sowie die Elogia in den Gräbern des Adels ihren Ahnen in allzu `großzügiger´ Weise Magistraturen zugeschrieben hätten - weshalb diese Dokumente nicht als verlässliche Quellen galten, mit deren Hilfe die eigene Geschichte rekonstruiert werden konnte513.
41. Dia
U. FELDHAHN 2007, Titelbild, Photo:
Burg Hohenzollern auf der Schwäbischen Alb (erbaut 1850-1867, Bauherr: König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen)
Um Ihnen ein Beispiel zu geben, wie `großzügig´ auch noch im 19. Jh. eine deutsche Adelsfamilie mit den Daten bezüglich ihrer eigenen Genealogie umgegangen ist, zeige ich Ihnen, was ich im vergangenen Mai in der Burg Hohenzollern gesehen habe - kennen Sie alle diese Burg ? Dieses Bild stammt aus dem populären Führer zu diesem Bauwerk von Ulrich Feldhahn 2007.
42. Dia
U. FELDHAHN 2007, S. 11, Photo, Stammbaumhalle
Kurz hinter dem Eingang in den Wohntrakt der Burg kommt man in die, nach der hier sichtbaren Wandmalerei benannte Stammbaumhalle, in welcher rot und blau markiert die beiden Hauptzweige der Familie der Hohenzollern mit ihren Mitgliedern vom 11. Jh. bis zur Gegenwart aufgeführt sind. Der preußische Zweig hat bekanntlich deutsche Kaiser hervorgebracht, von denen wir hinten rechts auf einer Staffelei ein gemaltes Bildnis Wilhelms II. sehen. Ulrich Feldhahn schreibt zu diesem gemalten Stammbaum: "Auf der gegenüberliegenden Wand wird ... die Verwandtschaft zwischen den Häusern Habsburg, Brandenburg, Hohenzollern, Baden und Burgund dargestellt, wobei diese weitreichende Verknüpfung heutigen genealogischen Maßstäben nicht mehr standhalten würde"514.
43. Dia - WIEDERHOLUNG
Rekonstruktion IOM-Tempels
44. Dia - WIEDERHOLUNG
links: Reusser IOM Tempel mit Angabe der Cellae
rechts:
C. Häuber 2005, S. 21, Abb. 3 (Ausschnitt, verändert),
Karte des antiken Kapitolshügels (nur das Capitolium) mit IOM-Tempel
Nach T. P. Wiseman besitzen wir eine Quelle, die den Schluss erlaube, dass es am Anfang der Republik nur einen obersten Magistraten gab (den praetor maximus der folgenden Liviusstelle). Es handelt sich um eine Inschrift, die in der Minervacella des IOM-Tempels angebracht war515.
Livius 7,3,5: "Es gibt ein altes Gesetz, mit altertümlichen Buchstaben und Worten geschrieben, dass, wer `praetor maximus´ sei, an den Iden des September [dem dies natalis des Tempels für Iuppiter Optimus Maximus] den Nagel einschlägt; dieses [alte Gesetz] war auf der rechten Wand der aedes der Iuppiter Optimus Maximus befestigt, auf der Seite, wo sich das templum der Minerva befindet"516. Es ist umstritten, ob Livius damit die Minervacella `zur Rechten´ der Kultstatue des Iuppiter Optimus Maximus (= im Westen) lokalisiert, oder `wenn man vor dem Tempel des Iuppiter Optimus Maximus steht, rechts´ (= im Osten)517. Je nachdem, für welche der beiden Alternativen man sich entscheidet, wird die jeweilige Rekonstruktion der antiken Topographie des Capitolium entsprechend verschieden ausfallen518.
45. Dia
LTUR I (1993), Abb. 3,
Marmorrelief (sog. Pietas Augusti) von einem Triumphbogen des Marc Aurel mit Opfer des Kaisers vor dem IOM-Tempel519, dessen Giebel sichtbar ist (Minerva sitzt auf der rechten Seite - rechts für einen Betrachter, der vor dem Tempel steht)
Wie erwähnt, ist die Zuordnung der beiden seitlichen Cellae im Tempel für Iuppiter Optimus Maximus an die beiden Göttinnen Iuno und Minerva umstritten: so nimmt die deutsche Forschung (meines Erachtens irrtümlich) an, dass sich die Cella der Minerva auf der linken Seite befand (links für einen Betrachter, der vor dem Tempel stand), während die angelsächsische Forschung, der ich auf dieser Karte folge, meines Erachtens zu Recht annimmt, dass sich die Cella mit dem Kultbild der Minerva auf der rechten Seite des Tempels befand (rechts für einen Betrachter, der vor dem Tempel stand)520.
[Bis hierhin in der 10. Vorlesungssitzung gelesen, inzwischen verändert].
_________________________________________________________________________
Nicht verwendet:
Wenn man heute vom Palatin in südlicher Richtung auf das Tal des Circus Maximus. herunterschaut, kann man verstehen, wieso die späteren römischen Kaiser, die dort oben wohnten, die im Circus Maximus stattfindenden Veranstaltungen am besten verfolgen konnten.
Das war vielleicht der Blick, der ursprünglich den Götterbildern und somit also den diesen Statuen `innewohnenden´ Göttern vorbehalten war. Denn der Circus Maximus war ja auf Initiative des Königs Tarquinius Priscus (oder alternativ von Tarquinius Superbus, oder von beiden) erbaut worden, wie wir aus antiken Schriftquellen erfahren521, wobei die Forschung davon ausgeht, dass der Circus Maximus zwar damals schon genauso groß war wie die seit Caesar gebaute Steinarchitektur, doch dass die Zuschauertribünen aus Holz gezimmert waren - ein gigantisches Unternehmen, für das noch niemals der Materialbedarf errechnet worden ist.
König Tarquinius Priscus hatte ja auch mit dem Bau der sog. Servianischen Stadtmauer522 und mit dem Bau des Tempels für Iuppiter Optimus Maximus begonnen, er hatte das Kultbild des Iuppiter in Auftrag gegeben und zu Ehren dieses Gottes die ludi Romani ins Leben gerufen, Rennen im Circus Maximus523, aus deren Anlass nun verschiedene Götterbilder524 vom Capitolium in den Circus Maximus transportiert wurden, um `persönlich´ an den ludi Romani teilzunehmen525. Diese Götterbilder wurden auch bei den Triumphzügen und weiteren Prozessionen mitgeführt, wobei die Triumphzüge so geplant wurden, dass sie einmal im Circus Maximus die Runde machten, um allen darin befindlichen Zuschauern die Möglichkeit zu bieten, den gesamten Triumphzug sehen zu können. Kaiser Augustus erbaute das pulvinar526, die Zuschauerloge für die Götterbilder am Südabhang des Palatins (eine tempelartige Architektur, deren Grundriss auf dem severischen Marmorplan erscheint, und deren Fassade auf einem Mosaik aus Luni dargestellt ist527), von wo er auch selbst gelegentlich dem Geschehen im Circus Maximus zuschaute - man kann immerhin vermuten, dass die Position der göttlichen Ehrenplätze schon zur Königszeit ungefähr dieselbe gewesen war.
Die Idee, für seinen Gott Iuppiter Optimus Maximus ein Kultbild in Auftrag zu geben, sowie Triumphzüge abzuhalten, hatte König Tarquinius Priscus aus Etrurien mitgebracht - zuvor waren die Römer nicht auf den Gedanken verfallen, ihre Götter in Gestalt von Kultbildern zu verehren528. Dies sollte derartig Schule machen, dass wir heute das Verehren von Kultbildern in Tempeln nicht nur für typisch griechisch, sondern auch für typisch römisch halten. Aber nicht nur der Circus Maximus, auch die Tempel auf dem Palatin sind eng mit dem Triumph verbunden, hier wurden ja Tempel für Magna Mater (Kybele), Victoria und Fortuna Respiciens errichtet - weshalb wir uns im Zusammenhang des Palatins auch mit den römischen Triumphzügen beschäftigen werden.
Gabriele Cifani 2008 hat sich mit dem zu Grunde liegenden Konzept beschäftigt und festgestellt, dass die Idee, den Tempel für Iuppiter Optimus Maximus zusammen mit dem Circus Maximus zu errichten und beide mit den Zeremonien der ludi Romani, Triumphzügen und weiteren Zeremonien zu verbinden, ebenfalls griechische Ursprünge hat und ungefähr gleichzeitig von Tyrannen in Griechenland an verschiedenen Orten realisiert worden sind. In Etrurien gab es allerdings schon früher und gleichfalls in archaischer Zeit Tempel mit daneben gelegenen Theatern und großen Plätzen in Form eines Circus, wo Theateraufführungen und heilige Spiele stattfinden konnten529. Das bekannteste und schon erwähnte Beispiel ist das Athen der Peisistratiden530.
--------------395 A.-M. WITTKE et al. 2007, Nebenkarte auf S. 84, C2; 153, C1/2. Auf keiner der vielen Karten, auf der Troia eingezeichnet ist (s. S. 306, Index, s. v.) erscheint das Idagebirge (auf Karte 13A ist eine Stadt namens Ida in Babylonien eingezeichnet), der Berg Berekynthos erscheint im Index und auf den Karten gar nicht.
396 nach dem Berg Berekynthos, s. vorherige Anm. Ich hatte (vergeblich) gehofft, in den Kommentaren zu diesen Karten herauszufinden ob der Berg Ida bzw. das Idagebirge und der Berg Berekynthos womöglich identisch sind.
397 A. CLARIDGE 1998, 128.
398 G. PISANI SARTORIO, "Fortuna et Mater Matuta, aedes", in: LTUR II (1995) 281-285.
399 G. PISANI SARTORIO, "Fortuna et Mater Matuta, aedes", in: LTUR II (1995) 281-285.
400 G. PISANI SARTORIO, "Fortuna et Mater Matuta, aedes", in: LTUR II (1995) 282: "pantere".
401 G. PISANI SARTORIO, "Fortuna et Mater Matuta, aedes", in: LTUR II (1995) 281-285.
402 s. o. Anm. 107; G. PISANI SARTORIO, "Carmentis, Carmenta", in: LTUR I (1993) 240-242, Abb. 129, 135.
403 s. M. BEARD, J. NORTH und S. PRICE 1998, 18-21, 1.6b-1.7a(i); Mater Matuta wurde mit Ino identifiziert, der Schwester der Semele und ist somit die Tante des Liber/ Dionysos, s. T. P. WISEMAN 2008, 139 mit Anm. 153.
404 G. PISANI SARTORIO, "Fortuna et Mater Matuta, aedes", in: LTUR II (1995) 281-285.
405 P. MAZZEI 2005.
406 A. D'ALESSIO 2010, 55; vgl. F. COARELLI 1987.
407 KlPauly 3 (München 1979) 1074 s. v. Mater Magna (K. ZIEGLER).
408 P. PENSABENE, "Victoria, Aedes", in: LTUR V (1999) 149-150, Abb. 78, 79; III, 140; IV, 6-7.
409 A. CLARIDGE 1998, 126.
410 P. PENSABENE 2007.
411 R. M. SHELDON 2005.
412 s. zum Ankauf der Sibyllinischen Bücher durch König Tarquinius Superbus, M. BEARD, J. NORTH und S. PRICE 1998 I, 62-63 mit Anm. 192; E.M. ORLIN, 1997, 76-77; S. 77: "When the temple of Jupiter Optimus Maximus was completed, the rolls were stored in the temple underground in a stone chest"; vgl. S. 76- 115, Kapitel 3, "The Sibylline books".
413 A. CLARIDGE 1998, 126.
414 A.-M. WITTKE et al. 2007, Karte 117, zeigt das Königreich Pergamon mit der Stadt Pessinus; C. PARISI PRESICCE 2010, 21.
415 KlPauly 3 (München 1979) 1074 s. v. Mater Magna (K. ZIEGLER).
416 A. CLARIDGE 1998, 126.
417 P. PENSABENE, "Magna Mater, Aedes", in: LTUR III (1996) 206-208, Abb. 139-143.
418 OCD3 (1996) 397-398 s. v. Cornelius (RE 335) Scipio Aemilianus Africanus (Numantinus), Publius, 185/ 184-129 v. Chr. (E. BADIAN); C. HÄUBER 1994, 912 mit Anm. 20, 21.
419 KlPauly 5 (München 1979) 47-50 s. v. Scipio `Stock´ [weil der erste Träger dieses Cognomens seinen Vater wie ein Stab gestützt hatte], Nr. 10, Scipio, P. Cornelius Africanus (M. DEIßMANN-MERTEN); OCD3 (1996) 398 s. v. Cornelius (RE 336) Scipio Africanus (the elder), 236-183 v. Chr. (J. BRISCOE); C. HÄUBER 1994, 11-12 mit Anm. 9.
420 A. CLARIDGE 1998, 127.
421 M. BEARD, J. NORTH und S. PRICE 1998 I, 92, 96-98, 164-166, 337-338, sowie S. 447 Index s. v. Magna Mater (Cybele); II, 43-49, 132-134, 209-211 (Beschreibungen der Priester: u. a. Iuvenals 6. Satire; S. 211, 8.7c: kaiserzeitliches Grabrelief eine Gallus), 301-302 und 355-356 (Frauen als Anhängerinnen dieses Kultes: Iuvenals 6. Satire), 413 General Index s. v. Magna Mater; S. 133 zu den am 25. März gefeierten Hilaria (Fest aus Anlaß der Wiedergeburt des Attis, die mit einer Prozession gefeiert wurde).
422 J. GÖTTE 1997, 599, s. v. Berecyntius, a, um; M. BEARD, J. NORTH und S. PRICE 1998 II, 44 mit Anm. 1.
423 KlPauly 5 (München 1979) 975 s. v. Troas (CHR. DANOFF).
424 z. B. von Vergil (Aen. 6,784-785; 9, 82, 619-620); KlPauly 1 (München 1979) 863 s. v. Berekyntes (H. TREIDLER).
425 s. aber oben Anm. 112.
426 M. BEARD, J. NORTH und S. PRICE 1998 I, 31.
427 KlPauly 4 (München 1979) 1344-1345 s. v. Rea (G. RADKE).
428 P. PENSABENE, "Magna Mater, Aedes", in: LTUR III (1996) 206-208, Abb. 139-143.
429 P. PENSABENE, "Victoria, Aedes", in: LTUR V (1999) 149-150, Abb. 78, 79; III, 140; IV, 6-7.
430 J. GÖTTE 1997, 599, s. v. "Berecyntius, a, um ([Vergil, Aen.] 6,784. 9,82; 619), vom Berge Berecynthos in Phrygien, Beiname der Göttermutter Kybele. >Der Vergleich der Göttin Roma mit der phrygischen Allmutter hat im Zusammenhang des vergilischen Epos und gerade im Munde des Anchises einen tiefen Sinn. Die Überführung des Kults der Idaea mater aus Phrygien nach Rom galt als Abschluß der Konstruktion von der trojanischen Ursprungslegende der Stadt, die den Anspruch auf den Besitz des jeweiligen Steins mit ihrer Abstammung von Troja motivierte. Durch die Aufnahme dieses Idols und die Gründung des Tempels auf ihrer Urstätte, dem Palatin, hat Roma die von ihr erhobenen Ansprüche auf die Herrschaft über die Städte des Erdkreises, insbesondere Asiens, gewissermaßen legitimiert< (E. Norden, S. 321)".
431 wie z. B. Claudia Quinta, die, um ihre Unschuld zu beweisen, das im Tiber festgefahrene Schiff mit dem Kultbild der Magna Mater wieder `flott´ gemacht hat; vgl. T. P. Wiseman, Catullus and his World. A Reappraisal (Cambridge University Press 1985), 5th paperback ed. (Cambridge University Press 1998), 36; ders. 2008, 182, 197, 210-211 mit Anm. 1, 8, 10, S. 245 mit Anm. 13, S. 248; C. PARISI PRESICCE 2010, 21, Abb. 2, Altar der Magna Mater, geweiht von Claudia Syntyche.
432 für die Claudii, T. P. Wiseman, Catullus and his World. A Reappraisal (Cambridge University Press 1985), 5th paperback ed. (Cambridge University Press 1998), 36.
433 OCD3 (1996) 416-417 s. v. Cybele (F. REDDING WALTON W; J. SCHEID); A. CLARIDGE 1998, 128.
434 Problem: in der Bildunterschrift des LTUR steht nicht ausdrücklich, welche Faustina gemeint ist: Faustina maior starb am 24. Oktober 140, aber ihr Mann, Kaiser Antoninus Pius, könnte diese Münzen vielleicht im Namen seiner Frau geprägt haben (?) PRÜFEN. Die Tochter des Kaiserpaares, Faustina minor, kann wohl nicht gemeint sein, denn diese wird erst im Jahre 145 die Gemahlin des späteren Kaisers Marc Aurel werden.
435 OCD3 (1996) 213 s. v. Attis (F. REDDING WALTON; J. SCHEID).
436 OCD3 (1996) 970 s. v. Metragyrtes (F. REDDING WALTON; D. S. POTTER).
437 KlPauly 3 (München 1979) 1074 s. v. Mater Magna (K. ZIEGLER); OCD3 (1996) 416-417 s. v. Cybele (F. REDDING WALTON; J. SCHEID).
438 auch dieser Ehrenname war ihm 27 v. Chr. auf Senatsbeschluß verliehen worden.
439 vgl. die Kommentare von T. P. WISEMAN 2008, 125-126 mit Anm. 88, 89, S. 165 mit Anm. 74, S. 231 mit Anm. 1, S. 233, 236, 241.
440 vgl. E. LA ROCCA 2010, 99, der darauf hinweist, dass auch schon von dem älteren Cato ähnliche Aussprüche überliefert sind.
441 E. LA ROCCA 1990, 426.
442 s. LTUR IV (1999) Abb. 59.
443 A. VISCOGLIOSI, "Porticus Metelli", in: LTUR IV (1999) 130-132, Abb. 48-50; II,123.
444 A. VISCOGLIOSI, "Iuno Regina, Aedes in Campo, ad Circum Flaminium", in: LTUR III (1996) 126-127.
445 OCD3 (1996) 269 s. v. Caecilius (RE 94) Metellus Macedonicus, Quintus (E. BADIAN).
446 A. VISCOGLIOSI, "Iuppiter Stator, Aedes ad Circum ", in: LTUR III (1996) 157-159.
447 KlPauly 1 (München 1979) 346 s. v. Andriskos; OCD3 (1996) 88 s. v. Andriscos (R. M. ERRINGTON).
448 KlPauly 3 (München 1979) 1263-1264 s. v. Metellus, 18, Q. Caecilius Metellus Macedonicus (H. G. GUNDEL).
449 L. HASELBERGER et al. 2002, 206 s. v. Porticus Octaviae, map indices 32; 32a,b (G. PETRUCCIOLI).
450 A. VISCOGLIOSI, "Porticus Octaviae", in: LTUR IV (1999) 141-145.
451 A. VISCOGLIOSI, "Porticus Octaviae", in: LTUR IV (1999) 141-145.
452 A. STEWART 1990 I, 80, 190, 289-2 (in den von ihm publizierten Quellen wird ausdrücklich gesagt, dass sich dieses Heiligtum in Makedonien befand); S. 293 schreibt Stewart, dass die hier gezeigte Statuette vielleicht die Statue Alexanders aus der turma Alexandri (seine Nr. 19, s. S. 289) wiedergebe; in der neueren Forschung wird dies als sicher angenommen; vgl. C. HÄUBER, Isis et Serapis, unveröffentlichtes Manuskript.
453 D. PALOMBI 2010, 76.
454 A. D'ALESSIO 2010, 62.
455 D. PALOMBI 2010, 76.
456KlPauly 4 (München 1979) 1022-1026 s. v. Cn. Pompeius Magnus, 106-48 v. Chr. (M. DEIßMANN-MERTEN); OCD3 (1996) 1215-1216 s. v. Pompeius (RE 31 Magnus (1), Gnaeus (Pompey) (G. E. F. CHILVER; R. J. SEAGER).
457 D. PALOMBI 2010, 79, Abb. 8.
458 A. D'ALESSIO 2010, 56.
459 Nach A. D'ALESSIO 2010, 60, handelt es sich bei dieser Göttin um eine Personifikation, die dem griechischen Kairos ähnlich gewesen sei; nicht berücksichtigt habe ich M. TORELLI, M. MENICHETTI, G. L. GRASSIGLI 2008, 105.
460 M. MORSELLI, "Forum Iulium", in: LTUR II (1995) 299-306; S. RIZZO, "Forum Iulium", in: LTUR V (1999) 257-258.
461 Die Saepta Iulia, die Basilica Iulia, das Projekt, den Tiberlauf zu verlegen, sowie jenes, ein riesiges Theater am Mons Tarpeius (der Arx des Kapitolshügels) zu errichten, s. D. PALOMBI 2010, 79.
462 wobei in der Forschung umstritten ist, ob nach der Vorstellung der Römer jene, die Platzfläche säumenden, Gebäude zum Forum Romanum dazugehört haben oder nicht; vgl. N. PURCELL, "Forum Romanum (the Republican period)", in: LTUR II (1995) 325-336. Funktional gesehen, gehörten diese Gebäude natürlich zur Platzfläche des Forum Romanum.
463 s. L. RICHARDSON jr., A New Topographical Dictionary of Ancient Rome (Baltimore - London 1992) 165-167 s. v. Forum Iulium (often called Forum Caesaris).
464 E. LA ROCCA in: Imaging ancient Rome 2006.
465 D. PALOMBI 2010, 79.
466 OCD3 (1996) 392 s. v. Cornelia (1) (RE `Cornelius´ 407), second daughter of P. Cornelius Scipio Africanus, married Tiberius Sempronius Gracchus (2) (A. E. ASTIN; E. BADIAN); C. HÄUBER 1994, 912 mit Anm. 15.
467 L. CHIOFFI, "Statua: Cornelia", in: LTUR IV (1999) 357-359.
468 F. PRAYON 2006, 92-95, zur Rede des Kaisers Claudius vor dem Senat im Jahre 48 n. Chr., die sowohl von Tacitus (ann. 11,24,7 - wo Mastarna/ Servius Tullius nicht erwähnt wird), als auch aus einer bronzenen Inschrift in Lyon bekannt ist (in der die Rede wörtlich zitiert ist): darin sprach Claudius die Identifizierung des Etruskers Mastarna mit dem späteren König von Rom, Servius Tullius, aus.
469 F. PRAYON 2006, 91-99, bes. S. 95, wo Mastarna mit König Servius Tullius identifiziert wird; so auch B. ANDREAE 2004, 204-205.
470 OCD3 (1996) 20 s. v. Aemilius (RE 68) Lepidus (1), Marcus (J. BRISCOE).
471 OCD3 (1996) 1272 s. v. Ptolemy V Epiphanes (210-180 BC) (D. J. THOMAS): wenn das Geburtsdatum korrekt angegeben ist, wäre Ptolemaios V. bei seiner Krönung durch Lepidus ca. 9 Jahre alt gewesen.
472 der in diesen Jahren tresvir monetalis war und später Mitglied des 2. Triumvirats wurde; OCD3 (1996) 20 s. v. Aemilius (RE 73) Lepidus (3), Marcus (the triumvir) (G. W. RICHARDSON; T. J. CORNELL; E. BADIAN).
473 C. PARISI PRESICCE 2010, 30, vgl. S. 22; KlPauly 2 (1979) 563-566 s. v. Flamininus 1. T. Quinctius Flamininus, cos. 198 v. Chr. (H. G. GUNDEL); OCD3 (1996) 1289 s. v. Quinctius (RE 45) Flamininus, Titus (E. BADIAN). Parisi Presicce und Badian schreiben, dass Flamininus diese Münze selbst prägte, Gundel war der Ansicht, dass sie ihm zu Ehren von Griechen geprägt worden war. PRÜFEN.
474 so F. ZEVI, "Sepulcrum (Corneliorum) Scipionum", in: LTUR IV (1999) 281-285.
475 man kann daher fragen, ob der Stempelschneider ein Grieche war.
476 ich gebe zu, dass ich zunächst gar nicht glauben konnte, dass es sich um ein Portrait handeln soll.
477 OCD3 (1996) 525-526 s. v. Ennius, Quintus (239-169 BC) (H. D. JOCELYN); T. P. WISEMAN 2008, 47-51.
478 mit den beiden anderen Statuen sind offenbar Lucius (der Asiaticus) und Publius Cornelius Scipio (der Africanus maior) gemeint; vgl. F. ZEVI, "Sepulcrum (Corneliorum) Scipionum", in: LTUR IV (1999) 281-285, bes. S. 283.
479 N. PURCELL 1987, 28 mit Anm. 15.
480 M. TORELLI, M. MENICHETTI, G. L. GRASSIGLI 2008, 74.
481 L. QUILICI, Via Appia. Da Porta Capena ai Colli Albani (Roma 1989) 23: zur Sarkophaginschrift des L. Cornelius Scipio (so die gemalte originale Inschrift). Eine später hinzugefügte, eingeritzte Inschrift fügt hinzu, dass es sich um Barbatus, cos. 298 v. Chr. gehandelt habe: "`uomo forte e saggio, il cui aspetto fu pari al valore: fu console, censore, edile presso di voi. Prese Taurasia e Cisauna nel Sannio, Assoggettò tutta la Lucania prendendone ostaggi´ (CIL I2, 7)". Das Scipionengrab sei am Anfang des 3. Jhs. v. Chr. entstanden, das heißt, wenige Jahre nach Eröffnung der Via Appia "e va notato come Scipione Barbato venne a trionfare proprio dei Sanniti, contro i quali era stata aperta la strada" (ebenda); KlPauly 5 (München 1979) 48 s. v. Scipio 5. Cornelius I 75, "wo P. in L. zu verbessern ist" (M. DEIßMANN-MERTEN); vgl. I (1979) 1313 s. v. Cornelius I 75., P. [lies: L.] Cornelius Scipio Barbatus, "der älteste im Erbbegräbnis beigesetzte Namensträger, der wohl als Stammvater galt" (R. HANSLIK). T. P. WISEMAN 2008, 6-7 (Wortlaut der Inschrift); S. 310: "The earliest contemporary evidence for the consulship is the sarcophagus inscription of Gnaeus [lies: Lucius] Scipio Barbatus ...".
482 H. R. GOETTE 1990, 21, Taf. 1,1, der sich auf K. Fittschen beruft.
483 C. PARISI PRESICCE 2010, 31, Anm S. 34: G. COLONNA, "Il posto dell'Arringatore nell'arte etrusca di età ellenistica, StEtr 56, 1989-1990, 98ff. (Dat.: 1. Hälfte 2. Jh. v. Chr.)
484 so M. CADARIO 2010, 118, Abb. 2.
485 die bekannten Beispiele von römischen Aristokraten, die sich nicht nur griechisch gekleidet in der Öffentlichkeit zeigten, sondern auch so darstellen ließen, hat M. CADARIO 2010 kommentiert.
486 A. LA REGINA (Hrsg.), Museo Nazionale Romano. Palazzo Massimo alle Terme (Milano 1998) 33-34, Il Generale di Tivoli (B. GERMINI); nicht berücksichtigt habe ich M. TORELLI, M. MENICHETTI, G. L. GRASSIGLI 2008, 101.
487 H. v. HEINTZE, "Statue eines Feldherrn", in: HELBIG4 III (1969) 220-221 Nr. 2304, der Text auf dem Inschriftfragment lautet: "[p]ro pr[aetore] trib[unus]".
488 so T. Hölscher, op. cit.
489 M. CADARIO 2010, 120, Abb. 5, 6.
490 nicht berücksichtigt habe ich M. TORELLI, M. MENICHETTI, G. L. GRASSIGLI 2008, 114-115.
491 F. ZEVI, "Sepulcrum (Corneliorum) Scipionum", in: LTUR IV (1999) 281-285, bes. S. 284: die stilistische Ähnlichkeit des sog. Vergiltypus mit dem sog. Marius in München und dem sog. Sulla in Kopenhagen gab Anlass, alle drei Portraits mit den Bildnissen im Scipionengrab zu identifizieren (mit Lit.); M. TORELLI, M. MENICHETTI, G. L. GRASSIGLI 2008, 74.
492 E. LA ROCCA et al. 2010, S. 194, 278-279, Kat. Nr. II.8 (L. BUCCINO).
493 Andere Forscher schließen sich der Meinung Torellis und Tortorellas nicht an, was die Deutung der hier gezeigten Darstellungen betrifft. Korrekt bei der von mir vorgetragenen Forschungsmeinung ist sicher, dass der archaische (römische) Adel derartige Paraden oder Prozessionen sehr geliebt hat.
494 C. Reusser 1993, 132-135, Abb. 65; gefolgt von T. SCHÄFER 2008, 206-207, Kat. Nr. II.4.3.
495 so T. SCHÄFER 2008, 206-207, Kat. Nr. II.4.3.
496 s. für eine neuere Deutung, C. HÄUBER 2005.
497 L. ANSELMINO 2006, 223-224.
498 L. ANSELMINO 2006, 221, 222, Abb. 3, S. 236, 237, Abb. 17 (Vergrößerung von Abb. 3, nach Abb. 17 habe ich meine Zeichnung gemacht).
499 auch M. TORELLI 2004 ist der Ansicht, dass der `Giebel von der Via di S. Gregorio´ zum Tempel der Fortuna Respiciens gehört hat.
500 L. ANSELMINO 2006, 235, 236, Abb. 15, 16: die Substruktionen am Ostabhang des Palatins, die Anselmino dem Tempel der Fortuna Respiciens zuschreibt, sind auf Grund von Vergleichen in die 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. datierbar. Den besten Vergleich stelle die Porticus Aemilia in Rom dar (= die Navalia ?, s. o.), sowie ähnliche Bauten in Pozzuoli, weshalb anzunehmen sei, dass Bauleute aus Kampanien auch diese Arbeiten in Rom ausgeführt hätten. Diese Annahme sei auch deshalb möglich, weil die Porticus Aemilia erbaut wurde, als der Handel mit Pozzuoli in Gang kam. Falls es sich bei der sog. Porticus Aemilia tatsächlich um die Navalia handeln sollte, ist die Argumentationskette der Autorin hinfällig und muss neu überdacht werden.
501 Die weitreichenden Schlussfolgerungen von Anselmino und Strazzulla (s. u. Anm. 485), erwähne ich in der Vorlesung nicht, weil die Autorinnen diese mit ihrer Annahme begründen, dass dieser Giebel zum Tempel der Fortuna Respiciens gehöre, was jedoch umstritten ist. Da Mars in der Mitte des Giebels steht, könnte es sich, wie bereits die ältere Forschung annahm und auch L. FERREA 2002 glaubt, durchaus um den Giebel eines Marstempels handeln, s. die folgende Anm.
502 s. C. HÄUBER 2005, 16, Anm. 37; C. HÄUBER, Isis et Serapis, unveröffentlichtes Manuskript.
503 M. TORELLI 2004 folgt Ferrea's Anordnung der Giebelfiguren, schlägt aber eine abweichende Interpretation der einzelnen Figuren vor und identifiziert den Giebel mit dem der Fortuna Respiciens. M. J. STRAZZULLA 2006, 2010 schlägt sowohl eine andere Anordnung der einzelnen Giebelfiguren, als auch eine andere Interpretation der einzelnen Figuren vor. Auch sie identifiziert den Giebel mit dem der Fortuna Respiciens; vgl. C. Häuber, Manuskript Isis et Serapis, unveröffentlicht.
504 er opfert nach griechischem Ritus, capite aperto.
505 s. L. ANSELMINO 2006, 227 mit Anm. 27: "Respicie post te, hominem te esse memento" (Tertull., Apolog. 33,4).
506 so L. ANSELMINO 2006, 227 mit Anm. 27 (mit der Lit., welche sie zusammengefasst hat).
507 Zum Kult der Fortuna Respiciens schreibt M. J. STRAZZULLA 2006, 263: "... i concetti che contraddistinguono il culto di Fortuna Respiciens - necessità di assicurare la stabilità e la prosperità di Roma, rapporto dialettico tra bene individuale e bene dello stato ...", dies passe wunderbar auf die Persönlichkeit des L. Aemilius Paullus, von dem überdies berichtet werde, dass er eine besondere Beziehung zu Fortuna gehabt habe. Diesen halten ANSELMINO 2006, 238, und Strazzulla 2006, 263-264, sowie 2010 für den Erbauer des Tempels der Fortuna Respiciens (u. a. weil der Magistrat des `Giebels der Via di S. Gregorio´ capite aperto opfert, und die Aemilii nachweislich Philhellenen waren. Das ist jedoch ein Fehlschluss: die Tatsache, dass hier nach `griechischem´ Ritus geopfert wird, bedeutet, dass das Opfer einer `griechischen´ Gottheit gilt, s. o. Anm. 194 ); vgl. zu L. Aemilius Paullus (ca. 228-160 v. Chr.; C. HÄUBER 1994, 912 mit Anm. 14): OCD3 (1996) 21-22 s. v. Aemilius (RE 114 (?) Paullus (2), Lucius (J. BRISCOE), der Sieger in der Schlacht von Pydna (22. 6. 168 v. Chr.) gegen den König von Makedonien, Perseus. Er war der Vater von Scipio Aemilianus (Scipio Africanus minor; s. o. Anm. 400).
508 "Unverändert gelten [in der Kaiserzeit] die ancilia als Unterpfänder der römischen Herrschaft", T. SCHÄFER 1980, 372 mit Anm. 125; vgl. KlPauly 1 (München 1979) Sp. 342-343 s. v. Ancile (W. EISENHUT). Weitere dieser `Unterpfänder´ der römischen Herrschaft: das von Aeneas aus Troia mitgebrachte Palladion und das `Szepter des Priamos´; vgl. zu diesem T. P. WISEMAN 2008, 239 mit Anm. 59 (der es als "one of the divine talismans of Rome" bezeichnet).
509 vgl. den Kommentar zu diesen Fasten von T. P. WISEMAN 2008, 15 mit Anm. 61.
510 T. P. WISEMAN 2008, 235 (der solche Listen erst nach 387 v. Chr. für möglich hält): "... magistrate lists reaching right back to the expulsion of the Tarquins were available to the historians of the first century BC, and to whoever created the sequence of consuls and triumphs inscribed on Augustus' triumphal arch, and it is usually thought that they are broadly reliable"; E. M. ORLIN 1997, Introduction: hier wird erklärt, wie der Senat und die einzelnen Magistrate, denen es bei ihren Kommandos um die Verwirklichung der eigenen gloria gehe, zusammenwirken. Erstaunlich sei nicht, dass das System im 1. Jh. v. Chr. zusammengebrochen sei, sondern, dass es 400 Jahre lang funktioniert hat. Um Übergriffen vorzubeugen hätte es 2 Maßnahmen gegeben, das der Kollegialität aller Ämter, und das des jährlichen Wechsels (beides diente dazu, die Macht der Amtsträger einzuschränken). Er bringt Beispiele, wie das Ganze aufhört, Pompeius Magnus ist allein Consul, mehrjährige Magistraturen.
511 u. a. wird der Consul M. Horatius genannt, der, nach Vollendung des IOM-Tempels, diesen im ersten Jahr der Republik an den Iden des September (15. September) im Jahre 509 v. Chr. dediziert haben soll. s. R. T. RIDLEY 2005, 84; S. 99 mit Anm. 90, zu einer in der Renaissance gefälschten Bauinschrift des IOM-Tempels, die ihn als Dedikanten des Tempels nennt. Nach einer überzeugenderen Tradition war er nicht Consul, sondern Pontifex Maximus; S. 100: es gibt einen Consul Horatius im Jahre 387 v. Chr.
512 T. P. WISEMAN 2008, 49 mit Anm. 72, 73.
513 T. P. WISEMAN 2008, 13-15 mit Anm. 55-61, S. 236 mit Anm. 42 (zu ebenda, S. 6-7); S. 263-264 mit Anm. 120 zu den annales pontificum; s. o. Anm. 25 und das zu dieser Anm. Gesagte.
514 U. FELDHAHN 2007, 10.
515 T. P. Wiseman 2008, 310, vgl. S. 10-11, 15 mit Anm. 61, S. 235 mit Anm. 36, S. 306 mit Anm. 2.
516 Übersetzung: C. Häuber 2005, 40, Anm. 259.
517 [Ein Student ], der am 13. Juli 2010 bei mir die Prüfung zu dieser Vorlesung ablegte, machte mich auf Folgendes aufmerksam: die Annahme, die Cella der Minerva habe sich `zur Linken´ Iuppiters (= im Osten) befunden, werde nicht nur auf Grund des Marc Aurels-Reliefs gestützt, sondern ferner dadurch, dass Hera immer `zur Rechten des Zeus´ (auf den IOM-Tempel übertragen, also im Westen) dargestellt werde. [...]
518 C. REUSSER 1993 entscheidet sich dafür, dass die Cella der Minerva im Westen lag, ich selbst, dass sich die Cella der Minerva im Osten befand; s. C. HÄUBER 2005, 40 Nr. 7., mit Anm. 259.
519 M. BEARD, J. NORH, S. PRICE 1998 II, 148-149 (hier ist von den verschiedenen Phasen eines Opfers die Rede, ohne dass mitgeteilt würde, aus welchem Anlass der Kaiser opfert).
520 s. C. HÄUBER 2005, 18 mit Anm. 45, S. 40 Nr. 7., mit Anm. 259, so auch auf einer Campana-Platte, E. LA ROCCA und S. TORTORELLA 2008, 222, Kat. Nr. II.4.16 (S. TORTORELLA).
521 G. CIFANI 2008, 298-299; P. CANCIO ROSSETTO, "Circus Maximus", in: LTUR I (1993) 272-273.
522 G. CIFANI 2008, 238, 327.
523 G. CIFANI 2008, 298-299.
524 mit diesen sehr leichten, für diese Anlässe eigens angefertigten Götterbildern hat sich A. LO MONACO in: E. LA ROCCA und S. TORTORELLA 2008 beschäftigt.
525 G. PISANI SARTORIO, "Aedes Thensarum, Thensarium Vetus", in: LTUR I (1993) 17, Abb. 3.
526 P. CANCIO ROSSETTO, "Circus Maximus", in: LTUR I (1993) 273.
527 E. PAPI, "Pulvinar", in: LTUR IV (1999) 169, Abb. I,157; P. CANCIO ROSSETTO, "Pulvinar ad Circum Maximum", ebenda 169-170, Abb. III,189, 68.
528 G. CIFANI 2008, 298-301.
529 G. CIFANI 2008, 299 mit Anm. 986
530 G. CIFANI 2008, 299; KlPauly 1 (München 1979) 686-701 s. v. Athenai, bes. Sp. 689 (W. ZSCHIETZSCHMANN): die Peisistratiden nutzten das bereits im Jahr 566 v. Chr. gestiftete Fest der Panathenäen systematisch zur Unterstützung ihrer eigenen Propaganda. Sie machten auch die Athener Akropolis zum sakralen Zentrum der Stadt. Zu diesen Baumaßnahmen gehörten der Umbau und die Vergrößerung eines bereits vorhandenen, aus Poros errichteten Tempels dorischer Ordnung, der mit einer Peristase versehen wurde, die Errichtung eines Propylon - eines repräsentativen Zugangs zur Akropolis - sowie des `Urparthenon´ auf der Akropolis (beide später durch die entsprechenden Bauten klassischer Zeit ersetzt).
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