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HÄUBER, Chrystina und SCHÜTZ, Franz Xaver (1997): FORTVNA (F ormulating outlines of a geO graphic R ome data bank: T exts, V isual and computer- N etworks in A rchaeology). EIN MULTIMEDIALES GEOGRAPHISCH-ARCHÄOLOGISCHES INFORMATIONSSYSTEM GIS[A] AM BEISPIEL DER ADELSPALÄSTE IM ANTIKEN ROM. ERSTE ANWENDUNGSBEISPIELE. In: EVA '97 Berlin. Konferenzband Elektronische Bildverarbeitung & Kunst, Kultur, Historie. 12.-14. November 1997. V10. Ohne Paginierung.




FORTVNA
(Formulating outlines of a geOgraphic Rome data bank: Texts, Visual and computer- Networks in Archaeology)
EIN MULTIMEDIALES GEOGRAPHISCH-ARCHÄOLOGISCHES INFORMATIONSSYSTEM GIS[A]
AM BEISPIEL DER ADELSPALÄSTE IM ANTIKEN ROM
ERSTE ANWENDUNGSBEISPIELE

Dr. Chrystina Häuber, Klassische Archäologin
und Franz Xaver Schütz, cand. geogr.
Universität Bonn, Geographische Institute
Meckenheimer Allee 166
53115 Bonn
Email: UZS54F@uni-bonn.de



Wenn wir hier "erste Anwendungsbeispiele" eines noch zu entwickelnden Informationssystems zum Thema "Adelspaläste im antiken Rom" vorstellen möchten, dann ist zunächst das ihnen zugrundeliegende Gedankengerüst darzulegen. Weshalb umrissen werden soll, welche Probleme die Erforschung der antiken stadtrömischen Topographie kennzeichnen, auf deren Erkenntnissen Themen wie die der aristokratischen Wohnbauten innerhalb der Stadt aufbauen. Die Erforschung der stadtrömischen Topographie stellt ein Spezialgebiet der Altertumswissenschaften dar, in dem die Disziplinen Klassische Archäologie, Altphilologie und Alte Geschichte interdisziplinär und international zusammenarbeiten (siehe I). Zweitens soll skizziert werden, welche Erwartungen von Seiten der Erforschung der antiken stadtrömischen Topographie theoretisch an ein GIS (ein Geographisches Informationssystem) gestellt werden können (siehe II). Erst als dritter Schritt sind erste Anwendungen möglich (siehe III).


Uns ist bewußt, daß verschiedene andere Disziplinen, die sich historisch aus der Klassischen Archäologie entwickelt haben, und die in Deutschland Ur- und Frühgeschichte, Provinzialrömische Archäologie, Vorderasiatische Altertumskunde usw., im Englischen z.B. aber alle Archaeology (mit entsprechendem Zusatz) heißen, seit geraumer Zeit Teile ihrer jeweiligen Fachprobleme unter Einsatz von einem GIS zu lösen versuchen. Eine Übersicht zum Stand dieser Forschungen ist an anderem Ort vorgesehen und kann nicht Gegenstand des vorliegenden Beitrages sein. Im speziellen Fall der Erforschung der stadtrömischen Topographie wurde ein GIS bislang noch nicht eingesetzt.


I. Die Erforschung der stadtrömischen Topographie


Die Erforschung der stadtrömischen Topographie gilt innerhalb der Klassischen Archäologie als sehr schwieriges wissenschaftliches Terrain, was zu einem Teil daran liegen mag, daß der sich darin bewegende Forscher permanent die `Realitätsebenen' wechseln muß. Drei große Felder stehen ihm dabei zur Verfügung:


1. Die antiken, noch (teilweise) erhaltenen Architekturen.

2. Die antiken Texte, die unter anderem Architekturen, Personen, Zusammenhänge beschreiben. [Wobei nur wenige dieser Architekturen (in Resten) erhalten sind und die Meinungen darüber, um welche der aus antiken Quellen bekannten es sich dabei handelt, auseinandergehen].

3. Die Forschungsgeschichte zu den Punkten 1 und 2.


Die Zeiträume, in denen sich dieser Forscher bewegt, sind, im Unterschied zur Situation anderer Archäologen, die sich (in Europa) mit "Stadtarchäologie" beschäftigen, sehr viel größer, die Fund- und Datenmengen ebenfalls. Denn sowohl der antike Zeitraum, als auch der nachantike zeichnen sich in Rom im Unterschied zu anderen Orten dadurch aus, daß bereits zahlreiche Beziehungen der antiken aristokratischen Bauherren/neuzeitlichen fürstlichen Sammler (und selbstverständlich auch der modernen Kommentatoren) untereinander erforscht sind, die für ein jeweils gewähltes Thema von Bedeutung sein können.


Das Thema "Die antiken Adelspaläste" kann daher nur ein Beispiel für das zu entwickelnde Informationssystem darstellen, das dazu dienen soll, seine Forschungstauglichkeit zu prüfen. Die Standorte dieser Wohnbauten wurden im Laufe der langen antiken Geschichte der Stadt in den meisten Fällen sehr unterschiedlich genutzt. Uns geht es (unter anderem) darum, exemplarisch alle verfügbaren Daten zu allen Standorten zu sammeln, von denen wir wissen, daß dort auch einmal ein antiker, aristokratischer Wohnbau gestanden hat.

Der Wunsch, als Beispiel die antiken Adelspaläste in Rom herauszugreifen, hat mit der Prämisse zu tun, daß sich an diesem Thema exemplarisch die Probleme stadtrömischer Topographie ablesen lassen. Begründen läßt sich diese Prämisse wie folgt:


1. Diese Bauten (domus und horti, `Stadtpaläste' und `Gärten') sind sowohl für den gesamten Zeitraum des Bestehens der antiken Stadt, als auch für das gesamte antike Stadtgebiet belegt.

2. Ihre Erbauer und Bewohner haben auch alle übrigen öffentlichen und sakralen Bauten der Stadt gestiftet.

3. Für das Untersuchungsgebiet in Rom (siehe Abbildung 3-4) liegt fundierte Grundlagenforschung vor, die die Voraussetzung für derartige Untersuchungen darstellt (siehe HÄUBER in Literatur).

Wenn es uns gelingt, ein zugleich qualitätvolles und leicht bedienbares, interaktives Informationssystem zum Thema zu entwickeln, könnte einem interessierten Benutzer, ohne daß dieser selbst Fachwissenschaftler sein muß, auf diese Weise gleichzeitig die Methodik topographischer Forschung 'transparent' gemacht werden. Unser vorrangiges Ziel ist es jedoch, jedem an der antiken Stadt Rom Interessierten schnell und zuverlässig Auskünfte zu geben.


Die Erforschung der antiken Adelspaläste in Rom gliedert sich in vier Felder:


1. Die römischen Adelsfamilien und die (wechselnde) Anzahl der Mitglieder des römischen Senats sind gut erforscht.

Bei diesem Personenkreis handelt es sich um die Gründer der untersuchten Wohnbauten. Von diesen domus aus regierten die römischen Senatoren das Römische Weltreich, denn die Römer errichteten nicht eigens diesem Zweck dienende `Regierungsgebäude'.

2. Schriftliche Nachrichten seit dem Mittelalter und archäologische Funde seit der Renaissance bestätigen das Vorhandensein antiker Adelspaläste in Rom.

3. Die über 1000jährige Forschungsgeschichte der Stadt Rom beschäftigt sich unter anderem mit den antiken Adelspalästen der Stadt und mit ihren Bauherren, wobei unterschiedliche Kombinationen der in den Punkten 1,2 und 4 genannten Daten vorgeschlagen werden.

4. Seit dem Mittelalter, und auf kartographisch wissenschaftlichem Niveau seit der Renaissance, gibt es für die Stadt Rom eine unvergleichliche Fülle von historischen Karten, Katastern und Veduten, auf denen unter anderem (Überreste) der antiken Adelspaläste sichtbar sind.


Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts konnten Forscher, die sich der stadtrömischen Topographie widmeten, das für dieses Fachgebiet relevante Material komplett überschauen. Danach wurden in den Jahren von 1870 bis ungefähr 1910 zahlreiche Neubauviertel errichtet, wobei ungeahnte Fundmengen und zahlreiche neue antike Architekturen ans Licht traten. Die Aufarbeitung dieser Entdeckungen kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch längst nicht als abgeschlossen gelten. Es liegt offenbar in der Natur menschlicher Erkenntnismöglichkeit, daß Neues nicht immer gleich verstanden wird. Vielleicht verfuhren die Mitglieder der Städtischen und der Staatlichen Bodendenkmalpflege der Stadt Rom während der genannten Ausgrabungsphase deshalb etwa folgendermaßen: Neu entdeckte antike Architekturen, für die die topographische Forschung der Zeit eine Erklärung bereithielt, hatten eher die Chance, erhalten zu bleiben als solche, die als "unbekannt/unbenannt" galten. Es hat seither geraume Zeit gedauert, bis, anhand der von diesen Ausgräbern vorgelegten und zumeist unpubliziert gebliebenen Dokumentationen, in einigen Fällen geklärt werden konnte, was damals entdeckt und unter Zeitdruck beschrieben worden ist. Inzwischen gibt es auch für viele dieser seither zerstörten antiken Architekturen Deutungen ihrer Funktion, bzw. Vorschläge, sie mit aus antiken Schriftquellen oder antiken Inschriften und Münzbildern bekannten Gebäuden zu identifizieren, wobei diese neuen Erkenntnisse zur Folge haben, daß alte Identifizierungen ebenfalls einer Neubewertung unterzogen werden. Die aktuelle stadtrömische topographische Forschung seit ca. 1980 wird in dem soeben erscheinenden LEXICON TOPOGRAPHICUM URBIS ROMAE sichtbar. Die Herausgeberin, E. M. Steinby, und ihr wissenschaftlicher Beirat hatten den hervorragenden Gedanken, die ganze Breite der Forschung darstellen zu wollen. Die Idee, mittels Computereinsatz Probleme der stadtrömischen Topographie lösen zu wollen, kam uns beim ersten Kennenlernen der Vielfalt der verschiedenen Beiträge zu einem Sachverhalt, die in diesem Lexikon enthalten sind. Überblickt man die Forschung zur stadtrömischen Topographie als Ganzes, dann kommt es nicht selten vor, daß dieselbe antike Schriftquelle auf verschiedene überlieferte/noch in Resten vorhandene antike Architekturen bezogen wird. Nimmt man die komplette Diskussion der archäologischen Funde hinzu, dann werden diese - ganz analog - nicht selten verschiedenen Fundkomplexen oder Fundorten zugeordnet. Wobei zu letzterem Punkt nicht vergessen werden darf, daß die gegenüber der Klassischen Archäologie viel ältere Disziplin der Kunstgeschichte traditionsgemäß Bedeutendes zur Sammlungsgeschichte der antiken Funde in der Stadt Rom leistet, Erkenntnisse, die ebensowenig komplett den Vertretern der drei an der Erforschung der stadtrömischen Topographie beteiligten Disziplinen der Altertumswissenschaften präsent sind, wie umgekehrt deren Erkenntnisse den an Rom interessierten Kunsthistorikern.


Computereinsatz im Fach der stadtrömischen Topographie am Beispiel der antiken Adelspaläste ist also nicht allein wegen der Fülle der zu verarbeitenden Daten nötig, sondern, und das ist unserer Ansicht nach viel wichtiger: Es sind Überlegungen anzustellen, wie aus diesen Daten Informationen gewonnen werden können, die sich darstellen und miteinander vergleichen lassen. Ein weiteres Desiderat wäre die computergestützte Darstellung der jeweiligen Grundlagen, auf die sich eine in der Forschung vorgetragene Hypothese stützt - damit sich diese bequemer miteinander vergleichen lassen.


Auf dem Gebiet der technischen Verwirklichung der hier skizzierten Fragen stehen wir noch ganz am Anfang, denn bislang beschäftigte uns vorrangig die Frage, mit welchen Partnern wir dieses Thema bearbeiten möchten. So sind auf dem Gebiet der Erforschung der stadtrömischen Topographie die bereits erwähnte Frau Prof. E. M. Steinby vom Institute of Archaeology der Universität Oxford und Herr Prof. T.P. Wiseman, Leiter des Institutes für Altphilologie und Alte Geschichte der Universität Exeter, sowie Klassische Archäologen in Rom unsere Partner. Als Grund für dieses breit angelegte altertumswissenschaflliche 'Fundament' läßt sich anführen, daß jedes Detail der stadtrömischen topographischen Forschung vor dem Hintergrund der gesamten Stadt gesehen werden muß. Denn die Bauherren - um im Beispiel der Adelspaläste zu bleiben - begegnen, wie erwähnt, auch andernorts in Rom als Stifter von öffentlichen und sakralen Bauten (von Architekturen außerhalb Roms ganz zu schweigen). Zur Beurteilung der antiken Texte, die z. B. von Klassischen Archäologen häufig unkritisch `übernommen' werden, empfiehlt es sich, diese in ihrem jeweiligen Kontext zu diskutieren und zu kommentieren. So soll das GIS[A] FORTVNA alle antiken Texte zur stadtrömischen Topographie in kommentierter Form enthalten/im WWW (World Wide Web) bereitstellen, sowie im Falle der Adelspaläste die Verknüpfungen jener antiken Texte mit noch erhaltenen/zu früheren Zeiten beobachteten antiken Architekturen in Rom aufzeigen, die in der Forschung vorgeschlagen worden sind.


Das Beispiel der auf dem Oppius ehemals befindlichen antiken Architekturen, die untereinander in Beziehung standen, wurde wegen seiner topographischen Komplexität, der enormen Fundmenge aus dieser Gegend, sowie wegen seiner selbst für Rom sehr langen antiken 'Lebensdauer’ gewählt. Weshalb vermutet werden darf, daß die anderen, bislang längst nicht immer so gut dokumentierten antiken Adelspaläste der Stadt Rom in der von uns geplanten Datenbank ebenfalls Platz hätten, wobei wir betonen möchten, daß der Wert eines solches GIS[A] sich darin ablesen lassen wird, welche Verknüpfungs- und Analysemöglichkeiten es bietet. Die Tatsache, daß die letztgenannten Eigenschaften Charakteristika von Geographischen Informationssystemen sind, führte dazu, die oben skizzierten Problemstellungen der stadtrömischen Topographie mit einem GIS lösen zu wollen (siehe II). Weitere Gründe betreffen den Wunsch, historische Karten blattschnittfrei und georeferenziert zur Verfügung zu stellen, diese mit aktuellen Katastern, geologischen Karten und Daten aus archäologischen und sonstigen Bodeneingriffen in Beziehung zu setzen und dreidimensional darzustellen. Wobei vor dem Beginn der diesbezüglichen Arbeiten zu klären ist, welche Bibliotheken und Archive bereit und in der Lage sind, das gewünschte Material in digitaler Form zur Verfügung zu stellen. Ziel dieser für das GIS[A] FORTVNA geplanten Operationsmöglichkeiten soll es sein, alle zu einem antiken Wohnbau verfügbaren, aber sehr heterogen dokumentierten Daten integrierbar zu machen. An dieser Stelle berührt sich die stadtrömische Topographie ganz offensichtlich mit den Zielen und Aufgaben der Bodendenkmalpflege anderer Orte, weshalb wir unser geplantes Informationssystem GIS"[A]", GIS für "Archäologie", und nicht GIS"[KLA]", GIS für "Klassische Archäologie", genannt haben.


Die Feld-Inhalte der archäologischen Datenbank (aus HÄUBER, SCHÜTZ 1997)


Jeder Feld-Inhalt wird datiert und gegebenenfalls wird auf Bezugsquellen hingewiesen (z.B. Datenbanken für Literatur, antike Schriftquellen, Inschriften, Münzen, Photos, Archivalien, Internet-links). Name des Hauses (hier im Sinne von Domizil gemeint). Eigennamen von stadtrömischen Häusern sind selten überliefert, daher werden die Häuser meistens nach einem Eigentümer benannt. Mit welchem Begriff(en) wird das Haus bezeichnet? z.B. aedes, domus, horti, palatium, villa. Wer benutzt diesen Begriff? (Datierung der Quelle). Datierung des Hauses (Phasen). Worauf gründet sich die Datierung? Sicher oder erschlossen? Topographische Lage: Antik: regio, Hügel, Straße oder Umschreibung des Ortes, im Wortlaut zitiert. Ist der Standort auf dem severischen Marmorplan sichtbar? Alle nachantiken Bezeichnungen des Standortes, aktuelle Adresse (falls lokalisierbar), Angabe der geographischen Koordinaten. Höhenangaben, absolut und relativ (z.B. auch aus antiken und nachantiken Beschreibungen). Kartenmaterial, Grundrisse. Antike Schriftquellen und Schriftzeugnisse (im Wortlaut zitiert und, wenn möglich, datiert. Stadtrömische Wasserzuleitungen und Inschriften gegebenenfalls mit Fundorten). Sind diese zeitgenössisch oder später entstanden? Ist die Zuschreibung der Quellen sicher? Wird die Zuschreibung der Quellen lediglich vorgeschlagen? Sind diese (Schrift)quellen auch schon auf andere Bauten bezogen worden? Wer gründete das Haus, wer wohnte später darin? Wird im Zusammenhang dieser Gründung von weiteren Ereignissen gesprochen? z.B. von der Bekleidung einer Magistratur, einem Triumph? Geschichte dieser Leute (cognomina beachten). Woher stammen sie? Zu welcher ordo gehört der/die Eigentümer? Cursus honorum, cursus militare und Priesterkollegien, denen diese Personen angehörten. (Vom Senat beschlossene) Ehren und Vorrechte dieser Personen. Auf welche seiner Ehrungen/Vorrechte war er (waren sie) besonders stolz? Schutzgottheit(en) der Person/Familie. Besitzen wir Texte, die von ihnen verfaßt wurden? Besitzen wir Selbstzeugnisse von ihnen? (z.B. Autobiographie, selbst verfaßte Grabinschrift, 'letzte Worte', Münzeditionen). Kennen wir das Testament(e)? Besitzen wir Bildnisse von ihnen? (Münzen, Skulpturen usw.). Tempel, öffentliche Bauten, Spiele, Spenden, die der Eigentümer oder Mitglieder seiner Familie finanziert haben. Wo haben sie weiteren Besitz? Wo befindet sich die Familiengrablege? Wo sind ihre Sklaven und Freigelassenen bestattet? Sind Freunde, Feinde, Erzieher, Klienten dieser Personen bekannt? Warum wurde das Haus an dieser Stelle erbaut? Wurde es in privato solo errichtet? Geschichte des Hauses: Was befand sich hier vorher und nachher? Handelt es sich beim Standort des Anwesens (bzw. den gestalteten Aussichten von dort) um echte/behauptete Schauplätze mythischer/historischer Vorgänge? Nachbarschaft: Bedeutende Persönlichkeiten, Heiligtümer. Wurde das Haus zerstört? Wenn ja: Wann, wie, warum und von wem? Ereignisse, die in diesem Haus stattfanden, oder die vergeblich für dieses Gebäude geplant worden sind. Beschreibungen des Hauses: Orientierung, Ausblicke. Werden Teile des Hauses erwähnt? (Terminologie). Gibt es einen Garten? Bezeichnung der einzelnen Räume, ihre Funktion. Erschlossene Räume (z.B. Waffenkammern). Ausstattung des Hauses, einzelner Räume ('schlicht', 'Luxus', Kunst). Werden Wege durch das Haus beschrieben? Werden Formen der Etikette beschrieben? Werden sakrale Handlungen im Haus beschrieben? Nachantike Besitzer der Parzelle. Sind es Sammler von Antiken? Haben sie Studien/Bauaufnahmen bezüglich antiker Funde/Gebäude dieser Parzelle in Auftrag gegeben? Entdeckungen auf der Parzelle des Hauses, archäologische Funde. Wurden einzelne dieser Funde (bzw. der gesamte Fundkomplex) auch schon auf eine andere Architektur(en) bezogen? Forschungsgeschichte (listenformig, Kennzeichnung verschiedener Meinungen). Aktueller Forschungsstand. Kommentar zum Ganzen: Zum Haus oder zur Forschungsgeschichte, z.B.: Seit S. B. PLATNER, T. ASHBY (1929, A Topographical Dictionary of Ancient Rome, Oxford) keine neuen Erkenntnisse. Querverweise in den topographischen Lexika. Zusätzliche eigene Querverweise. Probleme, Fragen, Widersprüche (dieses letzte Feld soll als 'Zettelkasten' dienen).


II. Eigenschaften Geographischer Informationssysteme ( GIS )


Folgende konstituierende Eigenschaften von Geographischen Informationssystemen lassen sie als optimales Instrumentarium für die Erforschung der stadtrömischen Topographie erscheinen. Siehe zum folgenden GREVE, 1996.

1. Das einem GIS zugrunde liegende Datenmodell ist geeignet, räumliche Beziehungen und Konsistenzbedingungen abzubilden. Die sachliche Konsistenz der Datenbasis ist automatisiert abzuprüfen.

2. Es existieren gemeinsame Aggregations-, Selektions- und Transformationsverfahren für sachliche und räumliche Eigenschaften der dargestellten Objekte. Auch bei Veränderungen in der Datenbasis durch Löschung, Teilung oder Verschmelzung von Objekten bleiben die Konsistenzregeln gültig.

3. Im GIS sind räumliche Analyseverfahren verfügbar.

4. Die Informationen aus der Datenbasis und Ergebnisse von Analysen können in Kartenform ausgegeben werden.


Bei der Bezeichnung des GIS[A] als "multimedial", folgen wir einer Definition von BILL, 1996: Ein Multi-Media-Geo-Informationssystem ist ein rechnergestütztes System, das aus Hardware, Software, Daten und den Anwendungen besteht. Mit ihm können unabhängige raumbezogene Daten mehrerer zeitabhängiger und zeitunabhängiger Medien integriert, digital erfaßt und redigiert, gespeichert und reorganisiert, modelliert und analysiert, sowie alphanumerisch und graphisch präsentiert werden.


III. Erste Anwendungsbeispiele


Die Inhalte der für das GIS[A] FORTVNA geplanten Datenbank (siehe oben) sind sowohl aus den Texten im LEXICON TOPOGRAPHICUM URBIS ROMAE zu den Wohnbauten der Aristokratie entwickelt, als auch aus den Beispielen der ehemals im Untersuchungsgebiet befindlichen Wohnbauten auf dem Mons Oppius (Esquilin) in Rom (siehe Abbildung 3-4). Dort haben ununterbrochen vom 6. Jahrhundert v. Chr. bis zum 5. Jahrhundert n. Chr. Heiligtümer existiert, die, als öffentliche Kulte gegründet, zeitweilig in verschiedene aristokratische Wohnbauten integriert waren. Dabei handelte es sich unter anderem um die 'Gärten' des Maecenas, den ' Stadtpalast' des Sejan und die Domus Aurea Kaiser Neros. Die antiken Texte nennen diese Heiligtümer und Wohnbauten zusammen mit weiteren topographischen Anhaltspunkten, die, wie die Abbildung 3-4 demonstrieren soll, in der Forschung von verschiedenen Autoren unterschiedlich lokalisiert werden. Diese Abbildung ist mit Methoden der digitalen Bildverarbeitung hergestellt und versucht eine der graphischen Möglichkeiten des GIS[A] FORTVNA vorwegzunehmen. So sollen im GIS[A] FORTVNA durch Anklicken der mit Ziffern gekennzeichneten Architekturen/Objekte mittels 'Hot Links' alle Materialien erschlossen werden, die das Informationssystem diesbezüglich bereithält.


Eine weitere Anwendung (siehe Abbildungen 1 und 2) stellt das Gelände des 'Esquiline Wing' der Domus Aurea Kaiser Neros auf dem Oppius in den Mittelpunkt. Über ein Luftbild vom 19. Februar 1919 (siehe COMUNE DI ROMA, Abb. 24), auf dem, westlich der Via Mecenate, zwischen den Straßen Via G. Pascoli und Via R. Bonghi, eine unbekannte Architektur (?) sichtbar wird, wurde, um dieses 'Muster' exakt zu verorten, eine Katasterzeichnung aus dem Photoarchiv der Stadt Rom im Palazzo Braschi (Inv.Nr. C 2948, ohne Datum, Zwanziger Jahre ?) gelegt, die wir hier freundlicherweise abdrucken dürfen. Sie zeigt, daß das gesuchte Areal zu einer Parzelle gehörte, die in den Zwanziger Jahren (?) überbaut wurde [was sich der Tatsache entnehmen läßt, daß die ehemalige Via Buonarroti und heutige Via A. Poliziano auf dieser Zeichnung Via Leonardo da Vinci heißt]. Falls es sich bei diesem 'Muster' um eine antike Architektur handeln sollte, wäre damit die Rekonstruktion des 'Esquiline Wing’ der Domus Aurea seitens L. Fabbrini (vergleiche Abb. 3-4) in Frage gestellt, wie unsere Integration zeigt (siehe Abbildung 2), auf der sich das erwähnte 'Muster' und der ergänzte Teil des 'Esquiline Wing' der Domus Aurea überschneiden.



Literatur


BILL, R. (1996): Grundlagen der Geo-Informationssysteme. Band 2: Analysen, Anwendungen und neue Entwicklungen. Heidelberg.

COMUNE DI ROMA (1991): Atlante di Roma. La forma del centro storico in scala 1:1000 nel fotopiano e nella carta numerica. Venezia. Seconda edizione.

FRUTAZ, A.P. (1962): Le Piante di Roma I-III. Roma.

GREVE, K. (1996): Geo-Informationssystem oder Geographisches Informationssystem? Die Bedeutung von GIS für die Geographie oder „Was bedeuted das G in GIS?“. In: Karlsruher Geoinformatik Report 1/96, 10. Jahrgang, Heft 18, (Sonderheft zur Variasitzung des Arbeitskreises GIS, 50. Deutscher Geographentag) S. 18-21.

HÄUBER, C. (1990): Zur Topographie der Horti Maecenatis und der Horti Lamiani auf dem Esquilin in Rom. In: Kölner Jahrbuch für Vor- und Frühgeschichte 23. Köln. S. 11-107; dies. (im Druck): 'Art as a Weapon'. Von Scipio Africanus maior bis Lucullus. Domus, Horti und Heiligtümer auf dem Esquilin. Rom. In: E. TALAMO (ed.): Horti romani, Ideologia e autorappresentazione, 6. Suppl. BullCom; dies., (im Druck): ... et in lucos silentia ipsa adoramus (Pliny, HN 12.3). The horti Romani: Amidst forest, sacred grove and arbor, In: Jashemski, W.F. (ed.), Gardens of the Roman Empire I.

HÄUBER, C., SCHÜTZ, F. X. (1997): FORTVNA. Ein multimediales Geographisch-Archäologisches Informationssystem GIS[A] am Beispiel der Adelspaläste im antiken Rom. In: Angewandte Geographische Informationsverarbeitung IX. Beiträge zum GlS-Symposium 2.-4. Juli 1997, hrsg. v. F. Dollinger u. J. Strobl, Salzburg. Salzburger Geographische Materialien Heft 26, S. 263-268.

STEINBY, E.M. (ed.) (1993, 1995, 1996): Lexicon Topographicum Urbis Romae I-III. Roma.

Abb. 1-2, Domus Aurea, aus Chrystina HÄUBER, Franz Xaver SCHÜTZ 1997

Abb. 3-4, ESQUILIN, MONS OPPIUS, Stadt ROM, aus Chrystina HÄUBER, Franz Xaver SCHÜTZ 1997

Abbildung 3-4. Aus: LEXICON TOPOGRAPHlCUM URBIS ROMAE III, Abbildung 42 (verändert), nach Kölner Jahrbuch 23, 1990. Copyright: Römisch-Germanisches Museum Köln. C. Häuber, Kartographie: H. Stöcker. Der Esquilin mit dem Mons Oppius in Rom. Das aktuelle Kataster, in das Fragmente des severischen Marmorplans und antike Architekturen integriert sind. 1. Die Porticus mit Piscina: Die öffentliche Gartenanlage Porticus Liviae des Augustus (Regio III). 2. Das Heiligtum Isis et Serapis der Regio III. 3. Der heilige Hain der Nymphen Querquetulanae virae. 4. Der Heilige Hain der Lares Querquetulanae auf dem Esquilin. 5. Die 'Gärten’ des Maecenas. 6. Der Heilige Hain des Mons Oppius. 7. Der Tempel der 'Minerva Medica'. 8. Der Tempel der Fortuna Virgo. 9. Der 'Palast’ der Familie der Seii. 10. Die Domus Aurea Kaiser Neros. 11. Der Heilige Hain lucus Esquilinus. 12. Der Heilige Hain des Iuppiter Fagutalis. 13. Die Kapelle 1. sacrarium der Argei auf dem Esquilin. 14. Der 'Palast des Königs Tarquinius Superbus. 15. Der `Palast' des Königs Servius Tullius. 16. Der Heilige Hain der Libitina. 17. Die "Porticus Liviae” des severischen Marmorplans: Der Markt Macellum Liviae, erbaut von Kaiser Tiberius (Regio V). 18. Der Brunnen Lacus Orphei (Regio V). P. Das Stadttor Porta Querquetulana.



Zu unseren, seit 1997 erschienenen Texten und Karten mit neuen Erkenntnissen und auch Korrekturen siehe:

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