Konstantin, Hadrian, Koloss, Rom, Kapitel 4



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4.) Im Unterschied zu meiner, in dieser Studie vorgetragenen Meinung, dass die domitianische Jupiterstatue der Ermitage (hier Fig. 10) Domitians (viertes) Kultbild des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus wiedergibt, aber in Unkenntnis der zuletzt unter Punkt 3.) genannten Fakten, glaubt Claudio Parisi Presicce (2022, 390, mit Anm. 4), dass die Statue in der Ermitage entweder das (dritte) Kultbild des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus Kaiser Vespasians wiedergibt (was meiner Meinung nach nicht zutrifft), oder das (vierte) Kultbild, das Domitian in Auftrag gegeben hat: "whose [das heisst, die Statue in der Ermitage; hier Fig. 10] dating to the Flavian period makes it the finest rendering of the cult statue from the time of Vespasian or Domitian. [Mit Anm. 4; Hervorhebung von mir]".

In seiner Anm. 4, zitiert Parisi Presicce Literatur zu der Statue in der Ermitage, u.a.: "Martin 1987, pp. 28-31, 131-144; Maderna 1988, p. 27, pl. 5.4".

Parisi Presicces Vorschlag (2022, 390, mit Anm. 4), dass die Statue in der Ermitage (hier Fig. 10) entweder Vespasians (drittes) Kultbild des Jupiter Capitolinus wiedergibt oder das (vierte) des Domitian, ist demnach abhängig von seiner `flavischen´ Datierung dieser Statue.

Mit seiner `flavischen´ Datierung der Statue in der Ermitage (hier Fig. 10) folgt Parisi Presicce (2022, 390, mit Anm. 4) Caterina Madernas Kommentar zu dieser Statue (dies. 1988, 27, mit Anm. 91, Taf. 5,4): "die wohl als ein in flavischer Zeit entstandener Nachklang des vespasianischen Kultbildes anzusehen ist", und die in ihrer Anmerkung 91 Hanz Günther Martin für diesen Hinweis dankt; vgl. ihre Anm. 101, für: "H.G. Martin, Römische Tempelkultbilder ... (Diss. Heidelberg 1982), im Druck [erschienen 1987]". Wobei Parisi Presicce (2022, 390, Anm. 4) ja Martin (1987) und Maderna (1988) für diese Jupiterstatue (hier Fig. 10) zitiert hat.

Da die Jupiterstatue in der Ermitage (hier Fig. 10) aus Domitians Villa am Lago Albano, seinem Albanum stammt, folge ich dagegen Oskar Waldhauer (1928, 4-6, 8), der bereits (aber aus anderen Gründen als ich) die Statue `domitianisch´ datiert hatte (s.o., in Band 3-1, 61, 63, 702-707, 714, 718, 719).

Wie wir gleich sehen werden, behauptet Claudio Parisi Presicce (2022, 389, mit Anm. 2) in diesem Zusammenhang, dass, wie Münzdarstellungen beweisen würden, das Kultbild Vespasians des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus mit der linken erhobenen Hand sein Szepter ergriff und auf seiner rechten Hand den Globus hielt, mit einer darauf stehenden Victoriastatuette. Nach Meinung von Parisi Presicce (op.cit.) war also das (dritte) Jupiterkultbild Vespasians in genau derselben Ikonographie dargestellt wie das Kultbild des Zeus in seinem Tempel in Olympia (hier Fig. 14).

Claudio Parisi Presicce 2022, 389) schreibt:

"The fire that broke out during the second year of Titus’s rule, however, is remembered mainly for having reached the Capitoline Hill and destroyed the ancient temple of Jupiter Optimus Maximus that had recently been restored by Vespasian, the father and progenitor of the Flavian dynasty.

The 69 CE reconstruction of the temple [siehe aber oben, zu Punkt 2.): richtig wäre die folgende Formulierung: Vespasians "reconstruction" seines (dritten) Tempels des Jupiter Capitolinus, nachdem der (zweite) Tempel bei dem Brand im Jahr 69 n. Chr. zerstört worden war,] is depicted on a series of bronze coins minted between 71 and 79 CE [mit Anm. 2] in which Jupiter can be seen enthroned in the center of the cella. The god is seated with his left arm raised and his hand resting on the scepter, while his right hand is outstretched and holds an orb surmounted by Victory; his cloak hangs from his left shoulder leaving his torso bare and is wrapped around the lower part of his body.

The same statuary type was also replicated by Domitian, who completed the restoration of the Capitoline temple after his brother’s death on September 12, 81 CE, and inaugurated it.

The statue echoed the traditional archetype dating back to the Phidian sculpture of Zeus at Olympia, [mit Anm. 3] which was also used as a reference model during the reconstruction of the cult statue (a chrysoelephantine statue attributed to the sculptor Apollonios) commissioned by Sulla following the fire of 83 BCE, which had replaced the archaic agalma [Hervorhebung von mir]".

In seiner Anm. 2 schreibt Parisi Presicce: "Prayon 1982, pp. 320, 327, pl. 71, 10; Maderna 1988, p. 27 and note 90 (earlier biography [corr.: bibliography]), pl. 5, 3".

In seiner Anm. 3, schreibt er: "Palagia 2019".


Zu Parisi Presicce Textpassage (2022, 389, mit Anmerkung 2) möchte ich einige Kommentare hinzufügen:

Leider bildet Parisi Presicce (op.cit.) Vespasians Bronzemünzen mit der Darstellung seines (dritten) Tempels des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus nicht ab, die der Kaiser zwischen 71 und 79 n. Chr. geprägt hat. Parisi Presicce erwähnt Vespasians Münzen in seinem Text, weil auf ihnen die Ikonographie von Vespasians Jupiterkultbild im (drittem) Tempel des Jupiter Capitolinus erkennbar sei: "Jupiter can be seen enthroned in the center of the cella. The god is seated with his left arm raised and his hand resting on the scepter, while his right hand is outstretched and holds an orb surmounted by Victory (Hervorhebung von mir)".

Ich habe deshalb am 5. August 2024 den Aufsatz von Friedhelm Prayon (1982), den Parisi Presicce (2022, 389, Anm. 2) als Beleg für seine Beschreibung dieser Vespasianmünzen zitiert, in der Bayerischen Staatsbibliothek München konsultiert und gescannt. Prayon (1982, 320, 327-328, mit Anm. 79-89 und Taf. 72,4) diskutiert die von Vespasian 71-79 n. Chr. geprägten Bronzemünzen, die seinen (dritten) Tempel des Jupiter Capitolinus darstellen; außerdem diskutiert Prayon (mit Taf. 72,5; 72,6 [vergleiche hier Fig. 157e]) die von Titus 80 oder 81 geprägten Münzen, die Titus' (vierten) Tempel des Jupiter Capitolinus zeigen.

Prayon (1982, 327-328) erwähnt in seinem Text aber nicht die von Parisi Presicce (2022, 389) beschriebene Ikonographie von Vespasians (drittem) Kultbild des Jupiter Capitolinus. Ebensowenig lässt sich diese, von Parisi Presicce (2022, 389, mit Anm. 2) beschriebene Ikonographie von Vespasians Jupiterkultbild der von Prayon auf seiner Tafel 72,4 abgebildeten Münze Vespasians ablesen, die den Tempel des Jupiter Capitolinus mit seinen drei Kultbildern zeigt, eine Münze, die Parisi Presicce (op.cit.) seinerseits aber gar nicht zitiert hat.

Nach Prayon (1982, 327, Taf. 72,4) gehört diese Münze zu jenen, die Vespasian seit 71 n. Chr. jährlich prägen ließ, und die, laut Prayon, den (dritten) Tempel deshalb "als projektiertes Bauwerk zeigen"; vergleiche Prayon (1982, 328). Auf Prayons Taf. 72,4 ist Vespasians (drittes) Kultbild des Jupiter Capitolinus im Übrigen stehend dargestellt, auch im Giebel des Tempels erscheint auf dieser Münze das stehende Jupiterkultbild.

Auch zeigt Prayons "pl. 71,10", die Parisi Presicce (2022, 389, Anm. 2) für Vespasians Tempel des Jupiter Capitolinus zitiert, gar nicht diesen Tempel, sondern statt dessen den Tempel des "Juppiter Olympios", wie Prayon schreibt. Das irrtümliche Abbildungszitat für Vespasians Tempel des Jupiter Capitolinus `Prayon 1982, pl. 71,10´ hat Parisi Presicce (2022, 389, n. 2) unkritisch von Caterina Maderna (1988, 27, n. 90) übernommen, die er ebenfalls in seiner Anm. 2 zitiert hat.

Prayon selbst (1982, 327, Anm. 81) zitiert für die Vespasianmünzen, auf denen sein (dritter) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus erscheint: "BMCRE Vesp. Nr. 721f. [= beide hier Fig. 157a] 734. 741 (3). 746 (2). 850. 877 Taf. 29,5 f. 41,4; 42,8 ...".

Parisi Presicces (2022, 389, Anm. 2) oben zitierte Behauptung, dass auf Vespasians Bronzemünzen der Jahre 71-79 n. Chr. folgende Ikonographie von Vespasians (drittem) Kultbild des Jupiter Capitolinus ablesbar sei:

"Jupiter can be seen enthroned in the center of the cella. The god is seated with his left arm raised and his hand resting on the scepter, while his right hand is outstretched and holds an orb surmounted by Victory" - ist also in dieser Form offensichtlich nicht bereits von Friedhelm Prayon (1982) formuliert worden, den Parisi Presicce in diesem Zusammenhang zitiert hat.

Ich habe deshalb am 9. August 2024 auch die entsprechenden Ausführungen von Caterina Maderna (1988, 27 mit Anm. 90, 91, Taf. 5,3; 5,4) in der Bayerischen Staatsbibliothek konsultiert und gescannt, die Parisi Presicce (2022, 389, Anm. 2) gleichfalls zitiert hat - mit einem sehr überraschenden Ergebnis, wie wir gleich sehen werden.

In der Zwischenzeit hatten Franz Xaver Schütz und ich bereits selbst diese von Vespasian im Zeitraum von 71-79 n. Chr. geprägten Bronzemünzen studiert, auf denen sein (dritter) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus erscheint - ebenfalls mit einem für uns sehr überraschenden Ergebnis:

Claudio Parisi Presicces (2022, 389) oben zitierte Beschreibung von Vespasians (drittem) Kultbild des Jupiter Capitolinus entspricht nicht den Tatsachen. Nach seiner Ansicht, ergriff ja der Gott, wie Vespasians Bronzemünzen (71-79 n. Chr.) zeigen würden, mit seiner erhobenen linken Hand sein Szepter, und hielt auf der rechten Hand einen Globus mit darauf stehender Victoriastatuette.

Parisi Presicces Behauptung, dass Vespasians Kultbild des Jupiter Capitolinus auf der rechten Hand einen, von einer stehenden Victoriastatuette bekrönten, Globus hielt, werde ich im Folgenden anhand von Analysen der Bronzemünzen Vespasians (hier Fig. 157) widerlegen. Diese Recherchen habe ich zusammen mit Franz Xaver Schütz durchgeführt, der diese Münzen im Internet gefunden hat.

Leider sind die von Vespasian 71-79 n. Chr. geprägten Bronzemünzen, auf denen sein (dritter) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus mit den drei Kultbildern abgebildet ist, mehr oder weniger schlecht erhalten. Außerdem haben wir natürlich auch Vespasians Gold- und Silbermünzen geprüft, auf denen sein Jupitertempel aber gar nicht erscheint.

Franz Xaver Schütz und ich haben diese Bronzemünzen Vespasians außerdem mit zwei besser erhaltenen Bronzemünzen des Domitian und mit einer Bronzemünze des Titus verglichen (hier Fig. 157), die alle den (vierten) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus zeigen, und auf denen nun, zu unserer grossen Überraschung, genau die Ikonographie des Gottes erscheint, die Claudio Parisi Presicce (2022, 389) irrtümlich für diese Vespasianmünzen beschrieben hat. Wir haben nämlich festgestellt, dass auf den genannten Domitian- und auf der Titusmünze der thronende Jupiter Capitolinus mit einem Globus auf der rechten Hand und einer darauf stehenden Victoriastatuette dargestellt worden ist (!).

Vergleiche dieser Münzen Domitians und des Titus mit den Vespasianmünzen (alle hier Fig. 157) beweisen nun, dass, im Unterschied dazu, auf allen Vespasianmünzen der thronende Jupiter Capitolinus mit seiner, auf seinem rechten Oberschenkel liegenden, rechten Hand ein Blitzbündel gehalten hat.

Ehe ich mit meinen Erörterungen der Münzen auf Fig. 157 beginne, wenden wir uns zunächst den Erkenntnissen zu diesem Themenkomplex von Caterina Maderna zu (dies. 1988, 27 mit Anm. 90, 91, Taf. 5,3; 5,4). Über Vespasians Jupiterkultbild im (dritten), und Domitians Jupiterkultbild im (vierten) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus, sowie die Jupiterstatue der Ermitage in St. Petersburg schreibt sie:


"Die von Vespasian für den Tempel in Auftrag gegebene Iuppiterstatue wird durch eine Reihe von Sesterzen aus den Jahren 71 bis 79 n. Chr. gut dokumentiert (Taf. 5,3) [mit Anm. 90]. Der Gott thront in der Mitte des Tempels, stützt die Hand des weit nach oben abgestreckten linken Armes auf das Szepter und hält mit der rechten Hand ein Blitzbündel im Schoß. Der Mantel liegt mit einem Bausch auf der linken Schulter auf, während er sonst lediglich den Unterkörper der Figur verhüllt. Hinzu kommt, dass die über 3m hohe thronende Zeusfigur in Leningrad [vergleiche hier Fig. 10], die die gleichen Haltungsmotive zeigt, wohl als ein in flavischer Zeit entstandener Nachklang des vespasianischen Kultbildes anzusehen ist (Taf. 5,4) [mit Anm. 91]. Auch die unter Domitian geschaffene Iuppiterstatue kann höchstens in Details von diesem Typus abgewichen sein [Hervorhebung von mir]".

In ihrer Anm. 90, schreibt Maderna: "BMC Empire II Taf. 23 Nr. 14, Taf. 29 Nr. 5.6 [= beide hier Fig. 157a] ... F. Sternberg, Antike Münzen, Auktion X, 25. und 26. November 1980 Zürich (1980) Taf. 42, Nr. 313 (Gutes Exemplar) hier Taf. 5,3; F. Prayon, in: Praestant Interna. Festschrift für U. Hausmann (1982), 320.327 f. Taf. 71,10 [corr.: 72,4]".

In ihrer Anm. 91, schreibt sie: "O. Waldhauer (1928, Die Antiken Skulpturen der Eremitage I (1928) 4 ff. Abb. 1 Taf. I. Ich danke H.G. Martin a.O. für diesen freundlichen Hinweis". Vergleiche hierzu ihre Anm. 87 und 101: "H.G. Martin, Römische Tempelkultbilder. Eine archäologische Untersuchung zur späten Republik (Diss. Heidelberg 1982), im Druck"; vergleiche H.G. MARTIN 1987.


Im Folgenden möchte ich zusammenfassen, was wir aus der soeben zitierten Textpassage von Caterina Maderna (1988, 27, mit Anm. 90, 91) lernen können.

Wie oben gesagt, sind Franz Xaver Schütz und ich, auf Grund unserer Analyse der Bronzemünzen Vespasians (alle hier Fig. 157), was die Ikonographie von Vespasians (drittem) Kultbild des Jupiter Capitolinus betrifft, zu genau demselben Ergebnis gelangt wie bereits vor vielen Jahrzehnten Caterina Maderna (1988, 27) in der soeben zitierten Textpassage - die mir zuvor allerdings unbekannt gewesen ist.

Wenn man diese Ausführungen Madernas (1988, 27, mit Anm. 90, 91), zu Vespasians (drittem) Kultbild des Jupiter Capitolinus, zu Domitians (viertem) Jupiterkultbild und zur Jupiterstatue in der Ermitage (hier Fig. 10), mit den oben zitierten Textpassagen von Claudio Parisi Presicce vergleicht (ders. 2022, 390 mit Anm. 4, sowie S. 389 mit Anm. 2-3), kommt man zu folgendem, ebenfalls überraschenden Ergebnis:

Parisi Presicce (op.cit.) hat sowohl die von Hanz Günther Martin (1982) für die Jupiterstatue in der Ermitage (hier Fig. 10) vorgeschlagene Datierung `flavisch´ übernommen, der auch Caterina Maderna (1988, 27, mit Anm. 91) gefolgt war, als auch die komplette, von Maderna (op.cit.) präsentierte Argumentationskette ihrer Diskussion aller drei von ihr (und nun auch von Parisi Presicce, op.cit.) diskutierten Statuen.

Mit einer Ausnahme: Parisi Presicces Beschreibung (2022, 389 mit Anm. 2) der (angeblichen) Ikonographie von Vespasians (drittem), thronendem Kultbild des Jupiter Capitolinus, das auf der rechten Hand einen Globus mit darauf stehender Victoriastatuette gehalten haben soll.


Wie oben gezeigt, haben weder Prayon (1982, 320, 327-328), noch Maderna (1988, 27), die Parisi Presicce (2022, 389, Anm. 2) beide in seiner diesbezüglichen Anmerkung zitiert hat, etwas Derartiges geschrieben.


Und wie bereits gesagt, und wie im Folgenden demonstriert werden soll, lässt sich im Übrigen den Münzen Vespasians (hier Fig. 157) diese, von Parisi Presicce behauptete, Ikonographie von Vespasians (dritter) Statue des Jupiter Capitolinus gar nicht entnehmen - weshalb ich augenblicklich nicht sagen kann, wie Parisi Presicce zu diesem Ergebnis gelangen konnte.

Wie vor ihm Hanz Günther Martin (1982), gefolgt von Caterina Maderna (1988, 27, mit Anm. 91), ist auch Parisi Presicce (2022, 389) überdies der Überzeugung, dass sich die Ikonographie von Domitians (viertem), thronendem Kultbild des Jupiter Capitolinus nicht von der Ikonographie von Vespasians (drittem), thronendem Kultbild unterschieden habe.

Wobei, wie wir gesehen haben, Maderna (op.cit.) der zutreffenden Überzeugung ist, dass Vespasians (drittes) Kultbild des Jupiter Capitolinus mit der rechten Hand ein Blitzbündel hielt. Und das wiederum galt, wie wir oben zu Punkt 2.) und zu Punkt 3.) gesehen haben, gleichfalls für Domitians (viertes) Kultbild des Jupiter Capitolinus.

Da Parisi Presicce (2022, 389) jedoch, wie wir soeben feststellen konnten, die Ikonographie von Vespasians (drittem) Kultbild des Jupiter Capitolinus falsch beschrieben hat, indem er behauptet, dass der Gott statt dessen auf der rechten Hand einen Globus mit darauf stehender Victoriastatuette hielt, sollte dieser Irrtum nun auch Folgen für seine plastische Rekonstruktion im Maßstab 1:1 der Kolossalstatue Konstantins des Großen haben (hier Fig. 156). Und zwar deshalb, weil Parisi Presicce glaubt (2022, 395-396) - meiner Meinung nach gleichfalls irrtümlich (siehe oben zu Punkt 1.)) - dass dieses Kolossalportrait Konstantins (hier Fig. 11) aus Domitians (viertem) Kultbild des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus umgearbeitet worden sei.

Vergleiche zu Domitians (viertem) Jupiterkultbild oben, zu Punkt 3 .) und hier Figs. 10; 10.1; 13; 16; 17; 19; 20; 20.1 ; sowie unten, in diesem Punkt 4.) und hier Fig. 83 . Darauf werde ich unten, zu den Punkten 5.), 6.) und 7.) noch mehrmals zurückkommen.


Wenden wir uns nun der Erörterung der auf Fig. 157 sichtbaren Bronzemünzen der Kaiser Vespasian, Titus und Domitian zu, die den (dritten) und (vierten) Tempel des Jupiter Capitolinus zeigen.


Zum besseren Verständnis der hier folgenden Diskussion habe ich den auf Fig. 157 gezeigten Münzen die Bezeichnungen a - f gegeben.


Fig. 157a. Ich beginne mit zwei Exemplaren einer Vespasiansmünze, die besser erhalten sind als die anderen, im Folgenden diskutierten Münzen dieses Kaisers: Auf beiden Münzen sind deshalb nahezu alle Einzelheiten von Vespasians (drittem) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus, die uns hier interessieren, besser erkennbar; leider trifft das nicht auch für das Attribut zu, das Vespasians Jupiterkultbild mit seiner rechten Hand hielt. Es handelt sich um einen von Vespasian im Jahre 76 n. Chr. in Rom geprägten Sesterz (RIC II 577, BMCRE 721, pl. 29.6 [links; ]; und BMCRE 722, pl. 29.5 [rechts]).

Beide Münzen zeigen die drei Kultbilder in der cella von Vespasians (drittem) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus: Den thronenden Iuppiter und die beiden ihn flankierenden, stehend dargestellten Kultbilder der Juno und der Minerva (zur Rechten Jupiters).

Vergleiche für das merkwürdige Faktum, dass auf den Darstellungen der Kapitolinischen Trias der verschiedenen Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus die Positionen der beiden Göttinnen Juno und Minerva (in Bezug auf Jupiter) nicht immer gleich sind: oben, in Band 3-1, S. 700, 701-702, 709.

Darüber, im Giebel des Tempels, erscheinen auf diesen Münzen noch einmal diese drei Kultbilder: Wieder ist Jupiter thronend, und Juno und Minerva sind stehend dargestellt. Jupiter ergreift in beiden Darstellungen (in der cella und im Tempelgiebel) mit der erhobenen linken Hand sein Szepter. Das Jupiterkultbild in der cella des Tempels zeigt den Gott mit gesenktem rechten Arm, auf oder neben seinem rechten Oberschenkel befindet sich eine längliche Form - offensichtlich sein Blitzbündel (!).

Dass es sich auf diesen Münzen bei dem von Vespasians Jupiterkultbild mit der rechten Hand gehaltenen Attribut tatsächlich um ein Blitzbündel gehandelt hat, erkennt man unmissverständlich an zweierlei:

Zum einen liegt auf diesen Münzen die rechte Schulter des Gottes tiefer als seine linke Schulter. Vergleiche z.B. die Statue des Tiberius (hier Fig. 15), die nach dem (zweiten Kultbild des Jupiter Capitolinus kopiert worden ist, das ebenfalls ein Blitzbündel gehalten hatte (s.o., zu Punkt 2.)); sowie die Bronzestatuette in New York (hier Fig. 20.1), die ein Blitzbündel hält, eine Replik von Domitians (viertem) Kultbild des Jupiter Capitolinus (s.o., zu Punkt 3.)). In beiden Fällen ist deutlich erkennbar, dass die gesenkte rechte Schulter ein Kennzeichen dieser beiden Jupitertypen war, in denen der Gott mit seiner rechten Hand sein auf seinem rechten Oberschenkel liegendes Blitzbündel ergriff;

Zum anderen können wir mit dem auf diesen Münzen gezeigten Blitzbündel drei weitere oben, zu Punkt 3.), diskutierte Darstellungen von Domitians Jupiter Capitolinus vergleichen, bei denen das Blitzbündel des Gottes erhalten ist: Die Statuette in Guidonia Montecelio (hier Fig. 13), das Relief Marc Aurels (hier Fig. 19) und die Marmorstatuette von der Via Appia Nuova (hier Fig. 20).

Wie wir soeben gesehen haben, identifiziert auch Caterina Maderna (1988, 27, Anm. 90, Taf, 5,3 [= BMCRE 722, pl. 29.5 = hier Fig. 157a [rechts]) die längliche Form auf dieser Münze mit einem Blitzbündel.


Fig. 157b. Als nächste Münze haben Franz Xaver Schütz und ich den von Vespasian 77-78 n. Chr. in Rom geprägten Sesterz untersucht, den Samuele Ranucci (2009, 362, Fig. 10) publiziert hat, und auf dem ebenfalls Vespasians (dritter) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus dargestellt ist. Die Bildunterschrift lautet: "10. Vespasiano, sesterzio, 77-78 d.C., zecca di Roma ( RIC II2, V 996)". Franz Xaver Schütz hat durch eine Internetrecherche herausgefunden, dass es sich um das hier gezeigte Exemplar dieser Münze in der Bibliothèque Nationale de France in Paris handelt.

Auf dieser Münze Vespasians ergreift das thronende Jupiterkultbild in der cella des (dritten) Tempels des Jupiter Capitolinus mit der hoch erhobenen linken Hand sein Szepter, seine rechte Schulter und sein rechter Oberarm sind wieder gesenkt, der rechte Oberarm ist nur im Ansatz erhalten, und auf dem Schoß des Gottes erkennen wir wieder eine längliche Form - sein Blitzbündel. Das thronende Kultbild Jupiters wird wieder flankiert von den beiden stehend dargestellten Kultbildern der Juno und der Minerva. Die drei Kultbilder erscheinen auch auf dieser Münze noch einmal im Giebel des Tempels: Dort ist Jupiter wieder thronend, und die beiden ihn flankierenden Göttinnen sind stehend dargestellt.

Auf Vespasians Münzen (hier Fig. 157a und Fig. 157b) sind die drei Kultbilder des (dritten) Tempels des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus auch im Giebel des Tempels dargestellt, genau so wie im Fall von Domitians (viertem) Tempel (s.o., zu Punkt 3.)). Aber im Unterschied zu Domitians Tempel, in dem all drei Kultbilder thronten, ist im Fall von Vespasians Jupitertempel nur das Jupiterkultbild als thronend gezeigt (in der cella und im Giebel des Tempels), während die Kultbilder der Minerva und der Juno sowohl im Giebel, als auch in der cella des Tempels als stehende Statuen wiedergegeben sind.

Welche Bedeutung hatte nun die Tatsache, dass das erste, zweite, dritte und vierte (!) Kultbild des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus ein Blitzbündel mit der rechten Hand gehalten hatte ? (s.o., zu Punkt 2.)). Zur Bedeutung dieser Blitzbündel, zum Beispiel dem von Vespasians (drittem) Kultbild des Jupiter Capitolinus (hier Figs. 157a; 157b; 157f), und dem von Domitians (viertem) Kultbild dieses Gottes gehaltenen Exemplar (s.o., zu Punkt 3.); hier Figs. 13; 16; 17; 19; 20; 20.1; sowie unten, in diesem Punkt 4.) und hier Fig. 83 ), zitiere ich H. Le Bonnier (in: LAW 1965, 1451 s.v. Jupiter):

"[4.] J.[upiter] ist nicht nur ein politischer und kriegerischer Gott: als Himmelsgott, der alles sehen kann, wird er zum Eidgott: er wacht darüber, daß die Schwüre eingehalten werden, und sein Blitz bestraft die Eidbrüchigen [Hervorhebung von mir]".

Nicht von ungefähr waren demnach auf der südlichen Kuppe des Kapitolshügels in Rom, dem Capitolium, in unmittelbarer Nähe vom Tempel des Iuppiter Optimus Maximus (hier Figs. 73-76), zahllose Gesetzestexte, Verträge und Militärdiplome öffentlich ausgestellt; vergleiche Häuber (2005, 14, 19, 21, 22, 25, 27, 28, 29, 30, 32, 34, 35, 36, 37, 39-40, 42, 44, 48, 50).

Fig. 157c. Auf diesem, von Domitian 82 n. Chr. in Asia geprägten Cistophor in Wien (RPC II, 866, RIC II, 12, 841, BMC Rome II, 251), der seinen (vierten) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus zeigt, sieht man nun Domitians Kultbild des Jupiter Capitolinus.

Wenn man diese Darstellung des thronenden Jupiter Capitolinus mit der Rekonstruktion des Kultbildes des Zeus in seinem Tempel in Olympia vergleicht (hier Fig. 14), dann wird klar, dass auch auf dieser Münze Domitians Jupiterkultbild auf der rechten, erhobenen Hand einen Globus mit darauf stehender Victoriastatuette hält. Das heißt, dass auf dieser Münze Domitians dessen (viertes) Jupiterkultbild in genau derselben Ikonographie des Gottes erscheint, die Claudio Parisi Presicce (2022, 389) in der oben zitierten Textpassage für Vespasians (drittes) Kultbild des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus beschrieben hat (!). Interessanterweise sind auch auf dieser Domitianmünze, genau so wie auf allen hier gezeigten Münzen Vespasians (vergleiche hier Figs. 157a; 157b; 157f), die beiden Kultbilder der Juno und Minerva (auch hier wieder zur Rechten Jupiters) als stehende Statuen wiedergegeben.


Fig 157d. Der hier gezeigte Cistophor, den Domitian 82 n. Chr. in Rom geprägt hat, und auf dem ebenfalls sein (vierter) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus erscheint, befindet sich in Berlin, im Münzkabinett der Staatlichen Museen, im Bode-Museum

Siehe: <https://ikmk.smb.museum/object?id=18202808>. Da ist folgende Literatur für diese Münze angegeben: "RIC II-I2 Nr. 842 (Rome); RPC II Nr. 867,1 Taf. 35 (Rom?, dieses Stück)".

Im Unterschied zu dem auf Fig. 157c gezeigten, ikonographisch gesehen sehr ähnlichem Cistophor, ist auf dieser Münze Domitians von dem Attribut, das das thronende Jupiterkultbild auf seiner rechten Hand gehalten hatte, nur noch der Globus erhalten. Helle Stellen im Hintergrund, unmittelbar über diesem Globus, erlauben jedoch den Schluss, dass offenbar auch auf diesem Globus ursprünglich eine Victoriastatuette gestanden hatte (!).


Was ist nun von der Tatsache zu halten, dass auf diesen beiden Münzen Domitians (hier Figs. 157c; 157d) sein (viertes) Kultbild des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus auf seiner rechten Hand einen Globus, mit darauf stehender Victoriastatuette hält? Ich schlage als Arbeitshypothese Folgendes vor:


Wie wir gleich sehen werden, haben die Darstellungen von Domitians (viertem) Tempel des Jupiter Capitolinus auf seinen beiden Münzen des Jahres 82 n. Chr. (hier Figs. 157c; 157d) große Ähnlichkeit mit dem (vierten) Jupiter Capitolinus-Tempel auf dem Cistophor, den Kaiser Titus im Jahre 80-81 n. Chr. geprägt hat (hier Fig. 157e), und den wir uns als nächstes anschauen werden. Das trifft auch für das Kultbild das Jupiter Capitolinus zu, das auf Domitians Münzen (hier Figs. 157c; 157d) sehr ähnlich aussieht wie auf dem Cistophor des Titus (hier Fig. 157e): Auf dem Cistophor des Titus ist der Gott thronend dargestellt und hält auf seiner rechten Hand den Globus. Unmittelbar über dem Globus sind Reste erhalten, die wir, wie ein Vergleich mit Domitians Cistophor (hier Fig. 157c) lehrt, auch im Fall von Titus' Cistophor (Fig. 157e) einer ursprünglich auf diesem Globus stehenden Victoriastatuette zuschreiben können. Wir wissen, dass im Jahre 80-81 n. Chr., als Titus diese Münze prägen liess, der (vierte) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus noch gar nicht fertig war. Im Unterschied zu Domitian, der diesen (vierten) Tempel des Jupiter Capitolinus dann nach dem Tode des Titus vollendet und geweiht hat, hätte es, im Fall von Titus, wegen der Bedeutung dieser Ikonographie, durchaus Sinn gemacht, wenn er seinem (vierten) Kultbild des Jupiter Capitolinus tatsächlich einen Globus mit darauf stehender Victoriastatuette in die rechte Hand gegeben hätte (darauf werde ich unten noch einmal zurückkommen).

Da wir aber oben, zu Punkt 3.), eine Reihe von plastischen Darstellungen von Domitians (vierter) Kapitolinischer Trias kennen gelernt haben, in denen sein Kultbild des Jupiter ausnahmslos mit einem Blitzbündel wiedergegeben worden ist (vergleiche hier Figs. 13; 16; 17; 19; 20; 20.1), bleibe ich bei meiner oben gemachten Behauptung, dass diese Darstellungen die Ikonographie von Domitians Jupiterkultbild korrekt wiedergeben (auf Domitians Münzen hier Fig. 157c; 157d werde ich unten zurückkommen).

Im Übrigen werden wir uns unten, in Appendix I.g.1.), mit einem Denar Domitians beschäftigen (hier Fig. 83), der gleichfalls Domitians (vierten) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus zeigt. Auf diesem Denar erscheint, in der cella des Tempels, Domitians thronender Jupiter Capitolinus, der in der rechten, auf seinem rechten Oberschenkel liegenden, Hand, ein Blitzbündel hält.

Robin Haydon Darwall-Smith (1996, 107-110, 280, Fig. 34 auf Plate XX), der diese Münze (hier Fig. 83) veröffentlicht hat, schreibt in der Bildunterschrift: "Denarius of Domitian, BMC 242 (undated), depicting a hexastyle temple on a podium of four steps, with standing figures in the central three intercolumnar spaces, much sculpture on the pediment and the roof, and IMP CAESAR on the architrave. Almost certainly the Temple of Jupiter Optimus Maximus [Ashmolean Museum, Oxford]; [Hervorhebung von mir]".

Ich stimme Darwall-Smith (op.cit.) zu, dass auf dieser Münze Domitians (vierter) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus dargestellt ist, aber im Unterschied zu Darwall-Smiths Beschreibung, ist der in der Mitte der cella erscheinende Jupiter Capitolinus, der in der rechten Hand sein Blitzbündel hält, thronend dargestellt, während nur die ihn flankierenden Göttinnen Juno und Minerva als stehende Kultstatuen wiedergegeben sind.

Auch Claudio Parisi Presicce und Eloisa Dodero diskutieren den hier auf Fig. 83 gezeigten Denar Domitians: Von den Autoren selbst unkommentiert, ist auf ihrer Abbildung deutlich sichtbar, dass das in der cella von Domitians Tempel für Jupiter Capitolinus thronende Jupiterkultbild mit der rechten, auf seinem rechten Oberschenkel ruhenden, Hand ein Blitzbündel hält (!); vgl. dies. (2023, 67, mit Anm. 31, 32, Fig. 3. Sie zitieren in Anm. 32: F. COARELLI 2009b, 81 mit Anm. 137); s.o., in Band 3-1, 720-723, für das wörtliche Zitat dieser Textpassage, mit meinen Kommentaren.

Siehe unten, in Appendix I.g.1.) Domitian's denarii, issued in AD 95/96, documenting some of the buildings he erected at Rome (cf. here Figs. 80-84), inter alia allegedly representing his Temple of Iuppiter Custos. These coins show in reality Domitian's Temple of Isis and his Temple of Serapis within his Iseum Campense and his Temple of Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus ...

Claudio Parisi Presicce selbst (2005; 2006a; 2006b; 2007; 2022) berücksichtigt ín seinen Publikationen zum Thema nicht die oben, in Punkt 3.), diskutierten Darstellungen von Domitians Kapitolinischer Trias.

Dass das Relief Marc Aurels (hier Fig. 19) den reich dekorierten Giebel von Domitians (viertem) Tempel des Jupiter Capitolinus wiedergibt - auf dem, wie wir gesehen haben, Domitians Kapitolinische Trias erscheint - wird nur auf der linken Informationstafel (vergleiche hier Fig. 156) vor der plastischen Rekonstruktion der Kolossalstatue Konstantins im Giardino der Villa Caffarelli erwähnt, sowie mit einer Abbildung dokumentiert.

Ich widerspreche somit der oben zitierten Behauptung von Claudio Parisi Presicce (2022, 389), derzufolge der Jupitertypus, den Vespasian für sein (drittes) Kultbild des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus gewählt hatte - und bei dem angeblich der Gott auf der rechten Hand einen Globus, mit darauf stehender Victoriastatuette hielt - von Domitian für sein (viertes) Kultbild des Gottes übernommen worden sei:

"The same statuary type was also replicated by Domitian [Hervorhebung von mir]".


Der von Kaiser Titus begonnene, und nach seinem Tod von Kaiser Domitian vollendete (vierte) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus


Der von Claudio Parisi Presicce (2022, 389) erwähnte (dritte) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus, den kurz zuvor Kaiser Vespasian errichtet hatte, ist beim Großen Brand von Rom im Jahre 80 n. Chr. zerstört worden (s.o., zu Punkt 2.)).

Am 7. Dezember 80 n. Chr. hat dann im Tempel der Ops in Capitolio, der sich innerhalb der area Capitolina, dem Heiligen Bezirk des Tempels des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus (hier Figs. 73-76), befand, eine feierliche Sitzung der Arvalbrüder stattgefunden. Dieser Priesterschaft haben auch Kaiser Titus und sein Bruder Domitian angehört. In dieser Sitzung hat Titus gelobt, einen (vierten) Tempel für den Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus zu errichten und zu weihen.

Darüber werden wir in der Inschrift CIL VI 2059.11 unterrichtet; vergleiche dazu den ersten Beitrag von Peter Herz in diesem Band (s.u.). Bekanntlich war es Titus nicht vergönnt, wie Parisi Presicce (2022, 389) schreibt, seinen Jupitertempel zu vollenden und einzuweihen. Diese Ehre ist dann, wegen des frühen Todes seines Bruders Titus, Kaiser Domitian zugefallen.

Siehe dazu oben, in Band 3-1, S. 1268-1270: "The first Contribution by Peter Herz on the inscription (CIL VI 2059.11), which reports on a meeting of the Arval brethren on 7th December 80 at the Temple of Ops in Capitolio, among them Titus and Domitian: Titus vows to restore and dedicate what would become Domitian's (fourth) Temple of Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus". Vergleiche auch oben, im Band 3-1, im Kapitel Preamble, S. 231-232, zu der Tatsache, dass, nach der Ermordung Domitians und seiner vom Senat verhängten damnatio memoriae, in keiner einzigen Inschrift der Arvalbrüder der Name Domitians eradiert worden ist. Vergleiche auch unten, im Appendix I.g.4.) Domitian's sacellum of Iuppiter Conservator, his Temple of Iuppiter Custos, and his (fourth) Temple of Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus (cf. here Fig. 83). With The first Contribution by Peter Herz.

Fig. 157e. Wir bilden hier außerdem die bereits erwähnte Darstellung des (vierten) Tempels des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus ab, die auf einem stadtrömischen Cistophor des Kaisers Titus aus dem Jahre 80-81 erscheint (RIC II.1 515). Diese Münze zeigt die drei Kultbilder in der cella des Tempels: Jupiter thronend, die ihn flankierenden Göttinnen Juno und Minerva stehend (auch in diesem Fall befindet sich Minerva zur Rechten Jupiters). Wie wir oben gesehen haben, waren aber in Wirklichkeit in Domitians (viertem) Tempel des Jupiter Capitolinus - dessen Bau Titus ja begonnen hatte - alle drei Kultstatuen thronend dargestellt (s.o., zu Punkt 3.) und hier Figs. 13; 16; 17; 19).

Und die wichtigste Besonderheit: Auch auf diesem Cistophor des Titus hält das (vierte) Kultbild des thronenden Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus auf der rechten Hand einen Globus, auf dem, wie noch an Resten schwach erkennbar ist, ursprünglich offenbar ebenfalls eine Victoriastatuette gestanden hat (!).

Friedhelm Prayon (1982, 328, Taf. 72,5; 72,6) hat zwei weitere Münzen des Kaisers Titus publiziert und abgebildet, auf denen Titus' (vierter) Tempel des Jupiter Capitolinus erscheint: Diese Münzen scheinen zu zeigen, dass der Kaiser im fraglichen Zeitraum verschiedene Entwürfe für den Tempelneubau geprüft hat:

"Unter Titus 80 oder 81 geprägte Münzen, ein stadtrömischer Sesterz [mit Anm. 86] (Taf. 72,5) sowie ein wohl ephesischer Cistophor [mit Anm. 87] (vgl. [vergleiche] Taf. 72,6), zeigen zwei verschiedene Versionen des kapitolinischen Jupitertempels". In seinen Anmerkungen 86 und 87 zitiert Prayon Literatur.

Auf dem stadtrömischen Sesterz des Titus, Prayons Taf. 72,5, ist das (vierte) Kultbild des Jupiter Capitolinus, genau so wie die ihn flankierenden Kultbilder der Juno und Minerva, stehend dargestellt. Der Cistophor auf Prayons Taf. 72,6 ähnelt dem hier auf Fig. 157e gezeigten Exemplar: Das Kultbild des Jupiter Capitolinus ist thronend dargestellt, die Kultstatuen der Göttinnen Juno und Minerva dagegen stehend. Auf dieser Abbildung Prayons ist erkennbar, dass auch auf diesem Cistophor des Titus sein (viertes) Kultbild des Jupiter Capitolinus auf der rechten Hand einen Globus hielt, und wegen darüber befindlicher Reste ist auch hier eine darauf stehende Victoriastatuette zu ergänzen.


Wie ist nun die Tatsache zu deuten, dass auf dem 80-81 n. Chr. geprägten Cistophor des Titus (hier Fig. 157e) sein (viertes) Kultbild des Jupiter Capitolinus auf der rechten Hand einen Globus mit darauf stehender Victoriastatuette hält? Ich schlage als Arbeitshypothese Folgendes vor:

Bekanntlich hat Titus diese Münze (hier Fig. 157e) lange vor Vollendung seines (vierten) Tempels für Jupiter Capitolinus prägen lassen: Dass auf dieser Münze das Jupiter-Kultbild seines Tempels auf seiner rechten Hand einen, von einer Victoriastatuette bekrönten, Globus hält, ist dabei nur allzu verständlich. Denn: Titus hatte großen Anteil an den bedeutenden Siegen seines Vaters Vespasian im Zusammenhang seiner Unterdrückung der Großen Revolte in Judaea gehabt, die Vespasian die Herrschaft eingebracht hatten.

Es scheint mir deshalb möglich zu sein, dass sich Titus tatsächlich für diese Ikonographie des Jupiterkultbildes in seinem (vierten) Tempel für Jupiter Capitolinus entschieden hatte (vergleiche hier Fig. 157e), um auf diese Weise auf seinen eigenen Sieg in diesem Krieg hinzuweisen. Ich bin auf diese Idee gekommen, weil Kaiser Titus im selben Jahr 80-81 n. Chr. seinen Iudaea capta-Sesterz prägen ließ (hier Fig. 131). Dieses Faktum erscheint mir in sofern bemerkenswert, als wir wissen, dass Titus bereits im August/September 70 n. Chr. Jerusalem eingenommen hatte: Das heisst, es handelte sich um seinen Sieg, auf den nun im Jahre 80-81 zum ersten Mal ein von ihm geprägter Sesterz hinwies.

Um meine soeben formulierte Hypothese zu begründen, muss ich etwas weiter ausholen: Wir hatten oben, im Kommentar zu Vespasians Münze (hier Fig. 157b) bereits gehört, welche Bedeutung es hatte, dass alle vier (tatsächlich errichteten) Kultbilder des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus das Attribut Blitzbündel in ihrer rechten Hand hielten.

Dagegen wies das (wie ich hier vorschlage) von Titus geplante (vierte) Kultbild des Jupiter Capitolinus, mit seinem Globus und der darauf stehenden Victoriastatuette (hier Fig. 157e), meiner Meinung nach, auf eine ganz andere Eigenschaft dieses Gottes hin (s.o., in Band 3-1, S. 391, mit Anm. 431):

"At Jupiter's orders and under his guidance the Romans fought their wars, and to him they consequently attributed their military victories [mit Anm. 431; Hervorhebung von mir]".

Oben, in Band 3-1, ist Vespasians Aufstieg zum römischer Kaiser sehr detailliert geschildert worden.

Vergleiche S. 192 : ``We know that Vespasian was comes Neronis in Achaea (AD 66/67), and legatus Augusti pro praetore exercitus in Judaea (AD 67-69); cf. Dietmar Kienast, Werner Eck and Matthäus Heil (2017, 101). This means Vespasian had left Rome already in AD 66, together with the Emperor Nero, when the latter embarked for his `concert tour´ in Greece, and that Nero (in 67) "entrusted him with suppressing the rebellion in Judaea" (cf. G.E.F. CHILVER and B.M. LEVICK: "Vespasian (Titus Flavius (RE 206) Vespasianus), emperor AD 69-79, in: OCD 3 (1996) 1590; quoted infra, [S. 262], n. 171, in Chapter I.1.). For the details of this war; cf. infra, [S. 387], n. 404, in Chapter III.)´´.

Zu der Tatsache, dass Vespasian nur dank seiner Siege in Judaea Römischer Kaiser geworden war (s.o., in Band 3-1, 674): ``Vespasian on Frieze B of the Cancelleria Reliefs [hier Fig. 2; Figs. 1 and 2 drawing: figure 14] is shown as coming back to Rome [in der ersten Hälfte des Oktober 70 n. Chr.] as the new emperor after victories, that were the reason why he had been hailed as emperor by the legions stationed at Alexandria (on 1st July of AD 69), and had later received his recognition as the new Roman emperor by the Roman Senate (on the 21st or rather on the 22nd December of AD 69)´´.

Zu der Tatsache, dass Vespasian seinem Sohn Titus Ende 69 n. Chr. den Oberbefehl im Kampf gegen die Große Jüdische Revolte übertragen hatte (s.o., in Band 3-1, 388 mit Anm. 413): ``As already mentioned, we also know that at the time, when Vespasian is shown on Frieze B [der Cancelleriareliefs; hier Fig. 2; Figs. 1 and 2 drawing: figure 14] in his adventus in Rome in October of AD 70, the Great Jewish War was still fought for him by his elder son Titus [mit Anm. 413]´´. Vergleiche Anm. 413: ``cf. D. KIENAST, W. ECK and M. HEIL 2017, 105-107: "Titus (24. Juni 79 - 13. Sept.[ember] 81) Geb.[oren] 30. Dez. 39 (?) in Rom ... Name: T. FLAVIUS VESPASIANUS ... Wichtige Einzeldaten: 69 Annahme des Caesarnamens (Juli oder August); T. CAESAR VESPASIANUS. Übertragung des Oberbefehls im Jüdischen Krieg (Ende 69). Wahl zum PRINCEPS IUVENTUTIS (21. oder 22. Dez.[ember] 69). Aug.[ust]/Sept.[ember] 70 Einnahme von Jerusalem ... [Hervorhebung von mir]"´´.


Die Siegerpose von Vespasian und Titus auf ihren Iudaea-capta-Münzen (hier Figs. 130; 131), die Bedeutung dieser archaischen Ikonographie, und wer sich auf Münzen so darstellen lassen konnte:

Kaiser Vespasian hatte bereits 71 n. Chr. seinen Judaea capta-Sesterz geprägt (hier Fig. 130), der sich auf denselben Sieg des Titus im Jahre 70 n. Chr. bezog wie der Iudaea capta- Sesterz von Kaiser Titus 80-81 n. Chr.

Die Rückseiten beider Münzen (hier Figs. 130; 131) zeigen Vespasian und Titus in derselben, archaisch wirkenden Siegerpose: Stehend, im Panzer, mit der erhobenen, rechten Hand auf eine Lanze gestützt, in der linken Hand ein parazonium haltend (d.h., einen kurzer Ehrendegen: s.o., in Band 3-1, 925), und den linken Fuss auf einen Helm gesetzt. Man kann fragen, ob es sich bei diesen Münzdarstellungen um Wiedergaben real vorhandener Ehrenstatuen für die beiden flavischen Kaiser gehandelt hat; mein Dank gilt Rose Mary Sheldon, die mich auf diese Möglichkeit hingewiesen hat (s.o., in Band 3-1, 926, 935).

Ein Vergleich mit dem auf Fig. 129 wiedergegebenen, stadtrömischen Sesterz Kaiser Hadrians (nach P.L. STRACK 1933: `nicht vor 134 n. Chr. geprägt´) zeigt, dass Vespasians Iudaea-capta-Sesterz (hier Fig. 130) für diese Münze Hadrians kopiert worden ist, was schon Cornelius Vermeule (1981) gesehen hat. Und Annalina Calò Levi (1948) schlug vor, dass dieser in Rom geprägte Sesterz Hadrians (Fig. 129), auf dem Hadrian seinen linken Fuss auf ein Krokodil setzt, eine in Rom geweihte Statue zeigt, die uns in der Panzerstatue Hadrians aus Hierapydna auf Kreta (hier Fig. 29) in Kopie erhalten sei; in dieser Portraitstatue setzt Hadrian seinen linken Fuss aber nicht auf ein Krokodil, sondern auf den Nacken einer Repräsentation (von Judaea ?).

Levi (1948) hat nachgewiesen, dass die merkwürdige Ikonographie dieser Münzdarstellung (hier Fig. 129), auf der Hadrian mit dem linken Fuss - nicht wie Vespasian und Titus auf einen Helm (hier Figs. 130; 131) - sondern auf ein Krokodil tritt, mit der Ikonographie des ägyptischen Gottes Horus erklärt werden kann. Levi (1948, 35, Fig. 5) bildet ein Relief im Hathor-Tempel von Dendera in Ägypten ab, die einen Pharao als Horus zeigt, der ein Krokodil tötet (hier Fig. 129.1), und stellt zu Recht fest, dass Hadrians Münze (hier Fig. 129) den Kaiser somit `als Horus´ zeigt, mit dem die ägyptischen Pharaonen identifiziert wurden: `Hadrian as King of Egypt´ lautet deshalb der Titel ihres Aufsatzes. Dargestellt ist somit auf diesem Relief (hier Fig. 129.1) die Hauptaufgabe des ägyptischen Pharaos: Die Etablierung der (sozialen) Harmonie in seinem Herrschaftsbereich, Ma'at genannt, ein Idealzustand, den nach ägyptischer Vorstellung nur der regierende Pharao herbeiführen konnte, und der es nötig machte, dass der König `das Böse bzw. das Chaos bekämpfte´; vergleiche Emanuele M. Ciampini (2016) (s.o., in Band 3-1, S. 29-30, 909, 915-923; und unten, im Appendix II.).

Lorenzo Cigaina (2020, 267, Anm. 801) stellt fest, dass die für Hadrian auf dem Sesterz (hier Fig. 129) gewählte Darstellung auch auf Münzen anderer römischer Kaiser, wie z.B. Caracalla, wiederkehrt, und kommt zu folgender Bewertung dieser Ikonographie: "L’imperatore è sempre in abito militare e armato. Il tipo viene interpretato perlopiù in riferimento alla repressione di disordini ... [Hervorhebung von mir]".

Auch Vermeule (1981) hat vorgeschlagen, dass diese Hadrianmünze (hier Fig. 129) eine Ehrenstatue für Hadrian wiedergibt, die uns in Kopie in der überlebensgroßen Panzerstatue Hadrians aus Hierapydna in Istanbul (hier Fig. 29) erhalten geblieben ist; von dieser verlorenen Ehrenstatue sind inzwischen fast 30 Repliken bekannt.

Ich bin Annalina Calò Levi (1948) und Cornelius Vermeule (1980) gefolgt, auch in Bezug auf Vermeules Vorschlag, dass das Portrait Hadrians aus Hierapydna (hier Fig. 29), wegen seiner Ikonographie, und wegen der Darstellung von Hadrians Lebensalter in diesem Bildnis, die Kopie einer Ehrenstatue ist, die dem Kaiser gesetzt worden sei in Anerkennung seiner Unterdrückung des Bar Kochba-Aufstands (132-135 oder 136 n. Chr.); unabhängig von Vermeule sind inzwischen auch Michaela Fuchs (2014) und Lorenzo Cigaina (2020) zu dieser Erkenntnis gelangt. Cigaina (2020, 222) datiert alle Repliken dieses Hadrian-Portraits (hier Fig. 29) zwischen 132 und 138 n. Chr.

Ich selbst schlage außerdem Folgendes vor. Wegen seiner Datierung und Ikonographie glaube ich, dass das Original der Panzerstatue Hadrians aus Hierapydna auf Kreta in Istanbul (hier Fig. 29) - auch weil Hadrians Sesterz (Fig. 129), auf dem dieses Original erscheint, in Rom geprägt worden ist - zu einer stadtrömischen Ehreninschrift gehört (CIL VI 974 = 40524; hier Fig. 29.1), die 134-136 n. Chr. datiert wird.

Diese Ehrenstatue (CIL VI 974 = 40524; Fig. 29.1) hatte der Senat und das Römische Volk dem Hadrian in Anerkennung seiner Unterdrückung des Bar Kochba-Aufstands errichtet und in der cella des Tempels des Divus Vespasianus, oder unmittelbar vor dem Tempel aufgestellt. Cécile Evers (1991, 797 mit Anm. 72), der ich zunächst in dieser Annahme gefolgt war, hat diese Inschrift (hier Fig. 29.1) statt dessen der hier diskutierten Kolossalstatue des Hadrian (jetzt Konstantin; hier Figs. 11; 11.1; 156) zugeschrieben (!).

Das auf Fig. 29.1 abgebildete Inschriftfragment (CIL VI 974 = 40524) ist außerdem noch von folgenden Gelehrten diskutiert worden: Geza Alföldy (in: CIL VI [1996] 40524), von dem die hier gezeigte Ergänzung der Inschrift stammt, Werner Eck (2003), Michaela Fuchs (2014) und Caroline Barron (2018), die Werner Eck (1999-2003) diskutiert. Alle diese Forscher gehen davon aus, dass diese Inschrift zu einer Ehrenstatue für Hadrian gehört habe, aber keiner von ihnen macht einen Vorschlag, um welches Portrait des Hadrian es sich hierbei gehandelt haben könnte.

Siehe oben, in Band 3-1, S. 728-778, in: A Study on the colossal portrait of Hadrian (now Constantine the Great) in the courtyard of the Palazzo dei Conservatori at Rome (cf. here Fig. 11) ...; in: Part I. The statue of Hadrian (now Constantine the Great) in the courtyard of the Palazzo dei Conservatori (cf. here Fig. 11), the inscription (CIL VI 974 = 40524; cf. here Fig. 29.1), and the cult-statue of Divus Vespasianus in the Temple of Divus Vespasianus. With The Contribution by Hans Rupprecht Goette on the reworking of the portrait of Hadrian (now Constantine the Great); sowie S. 899-959, in: A Study on Hadrian's portrait-statue from Hierapydna (cf. here Fig. 29).

Apropos `archaisch wirkende Siegerpose´ der Kaiser Vespasian, Titus und Hadrian auf ihren Münzen hier Figs. 129; 130; 131. Wie in Band 3-1 beschrieben, handelt es sich bei dieser Ikonographie tatsächlich um eine Anleihe bei archaischen, `orientalischen´ Darstellungen: z.B. in Ägypten zum Thema `the King smiting his enemies´, die es, ganz entsprechend, aber auch in den gleichzeitigen Staaten des Vorderen Orients gegeben hat. Zu diesem Themenkomplex haben sich sowohl Klassische Archäologen, wie z.B. Eugenio La Rocca (1994), Claudio Parisi Presicce (2000) und Pavlina Karanastasi (2012/2013) geäußert, als auch Ägyptologen, wie David Peter Davies (2003) und Emanuele M. Ciampini (2016).

Dabei lag bei allen diesen kriegerischen Auseinandersetzungen und deren Darstellung die Betonung auf `the King´. Denn ganz gleich, wer die entsprechenden Siege tatsächlich erfochten hatte, wurden sie, wie z.B. David Peter Davies (2003) gezeigt hat, dem regierenden Herrscher zugeschrieben.

Wie die Münzen des Vespasian, Titus und Hadrian beweisen (hier Figs. 129; 130; 131), war das bei den Römern (in der Kaiserzeit), die diese Ikonographie übernommen haben, nicht anders.

Denn nur diese Annahme kann erklären, warum 71 n. Chr. nicht Titus, sondern Kaiser Vespasian seinen Iudaea-capta-Sesterz geprägt hat (!). Siehe dazu oben, in Band 3-1, 899-902, 924-926.

Vergleiche für die hier zusammengefassten Sachverhalte oben, in Band 3-1, S. 899-959: A Study on Hadrian's portrait-statue from Hierapydna (cf. here Fig. 29).

Aber nicht nur in den oben erwähnten archaischen `orientalischen´ Staaten wurden militärische Siege grundsätzlich den regierenden Herrschern zugeschrieben: Dass das auch (in der Kaiserzeit) bei den Römern so üblich war, haben wir bereits im Zusammenhang von Kaiser Nervas Sieg im bellum Suebicum erfahren (s.o., in Band 3-1, 1031-1032): ``Den meisten Gelehrten, die bislang die Cancelleriareliefs [hier Figs. 1; 2] diskutiert haben, war die Tatsache unbekannt, dass Nerva (theoretisch) einen Grund hatte, warum er Domitians Bogen usurpiert hat (vorausgesetzt, diese Hypothese ist wahr), für den die Cancelleriareliefs geschaffen worden waren: sein Sieg im bellum Suebicum. Für den gesamten, sehr komplexen, Vorgang; s.o., [in Band 3-1, S. 344 ff.,] Kapitel II.3.1.a; [S. 360 ff., Kapitel] II.3.2; [S. 371ff., Kapitel] II.3.3.a); [S. 520 ff., Kapitel] V.1.c; [S. 564 ff., Kapitel] V.1.i.3.

Der Statthalter von Pannonien, nicht Nerva, hatte diese siegreiche militärische Kampagne geleitet, aber weil Nerva der regierende Kaiser war, wurde dieser Sieg ihm zugeschrieben. Der Statthalter von Pannonien sandte deshalb Nerva, als Zeichen seines Sieges, einen Lorbeerkranz nach Rom, den Nerva im späten Oktober oder Anfang November 97 n. Chr. in einer feierlichen Zeremonie dem Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus geweiht hat; im Laufe derselben feierlichen Zeremonie auf dem Kapitol hat Nerva dann Trajan adoptiert, "whom he had previously appointed governor of Upper Germany, as his son, co-emperor, and successor" (vergleiche J.B. CAMPBELL 1996, 1038-1039; s.o. [, in Band 3-1, S. 340], Anm. 322, in Kapitel II.1.e)). Trajan befand sich zu diesem Zeitpunkt in Mogontiacum/ Mainz.

Vergleiche hierzu oben, [in Band 3-1, S. 360 ff.,] Kapitel II.3.2; und [S. 371 ff., Kapitel] II.3.3.a), sowie unten, [in Band 3-1, S. 1284 ff.:] Den vierten Beitrag von Peter Herz in diesem Band ("Wann wurde Trajan von Nerva adoptiert?"). Vergleiche auch unten, in Band 3-2, in: A Study [Seite 1032] on the consequences of Domitian's assassination: Nerva is forced to adopt Trajan and Trajan creates Domitian's negative image to consolidate his own reign ... (`Eine Studie zu den Folgen von Domitians Ermordung: Nerva wird gezwungen, Trajan zu adoptieren, und Trajan kreiert Domitians negatives Image, um seine eigene Herrschaft zu konsolidieren ...´).

Als Konsequenz dieser beiden Fakten (Nervas Sieg im bellum Suebicum und seiner Adoption Trajans) hat der Senat im November 97 n. Chr. sowohl Nerva, als auch Trajan, für ihren Sieg im bellum Suebicum, den Titel Germanicus verliehen; diesen Titel hat Nerva seiner offiziellen Titulatur hinzugefügt, und auch Trajan hat ihn akzeptiert [Hervorhebung von mir]´´.

Dass `Nerva als regierendem Kaiser der Sieg im bellum Suebicum zugeschrieben wurde´, schreibt Erika Simon (1985, 554-555; vgl. dies. 1960, 139-145): "Auch wenn ein Kaiser nicht persönlich in den Krieg zieht, findet der Feldzug unter seinen Auspizien statt, der Sieg ist der seine [mit Anm. 61; Hervorhebung von mir]"; die ganze Textpassage ist wörtlich zitiert oben, in Band 3-1, S. 363; vgl. S. 362, Anm. 352.


Fahren wir nun fort mit der Diskussion der auf Fig. 157 abgebildeten Münzen:

Fig. 157f. Zwei Exemplare eines Sesterz, den Vespasian 78 n. Chr. in Rom geprägt hat, und die seinen (dritten) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus zeigen. British Museum (RIC II, Part 1 (second edition), Vespasian 886).

Ich zeige sie absichtlich erst nach der Diskussion der Münzen hier Figs. 157a-157e, weil ich vermute, dass sich der Leser inzwischen daran gewöhnt hat, kleine und kleinste Details auf allen diesen Münzen zu beachten. Ich hoffe deshalb, dass meine folgenden Beobachtungen nachvollziehbar sein werden:

Auch auf diesen Sesterzen Vespasians ist das thronende Kultbild des Jupiter Capitolinus, das sich mit der hoch erhobenen linken Hand auf sein Szepter stützt, sowohl in der cella des Jupitertempels, als auch darüber, im Tempelgiebel, dargestellt. Und genau so wie auf den Vespasianmünzen hier Figs. 157a; 157b, sehen wir wieder sowohl in der cella des Tempels, als auch im Tempelgiebel die den Gott Jupiter flankierenden, stehend dargestellten Kultbilder der Juno und Minerva.

Die wichtigste Beobachtung kommt zuletzt: Auch auf diesen Sesterzen Vespasians befindet sich auf dem rechten Oberschenkel des Jupiterkultbildes eine längliche Form, in der wir das Blitzbündel erkennen können, das der Gott mit seiner rechten Hand ergreift.


Ergebnis unserer Diskussion der auf Fig. 157 abgebildeten Münzen:

Die beiden auf Fig. 157c und Fig. 157d erscheinenden Münzdarstellungen von Domitians (viertem) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus kann man auf unterschiedliche Weise erklären. Wie wir oben gesehen haben, zeigen sie Domitians (viertes) Kultbild des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus, das auf der rechten Hand einen Globus mit einer darauf stehenden Viktoriastatuette hält.

Da ich jedoch davon ausgehe, dass in Wirklichkeit Domitians (viertes) Jupiterkultbild mit der rechten Hand statt dessen ein Blitzbündel hielt, haben demnach die Künstler, meiner Meinung nach, dieses Kultbild auf diesen Münzen (hier Figs. 157c; 157d) falsch dargestellt. Oder waren sie womöglich angewiesen worden, dieses (vierte) Jupiterkultbild Domitians so darzustellen, wie es auf dem Cistophor des Titus (hier Fig. 157e) geschehen war? - der ja immerhin das (vierte) Jupiterkultbild des Titus zeigte (!). Wir hatten ja bereits oben festgestellt, dass auch die Darstellungen von Domitians (viertem) Tempel des Jupiter Capitolinus auf diesen Münzen (hier Fig. 157c; 157d) ganz offensichtlich nach der Darstellung von Titus' (viertem) Tempel des Jupiter Capitolinus auf dem Cistophor (hier Fig. 157e) kopiert worden sind (!).

Ein Vergleich der auf Fig. 157 wiedergegebenen Münzen zeigt, dass die Künstler dieser beiden Domitianmünzen (hier 157c; 157d) die Kultbilder der Juno und der Minerva in der cella von Domitians (viertem) Tempel als stehende Statuen wiedergegeben haben - genau so wie auf den Münzen des Vespasian (hier Figs. 157a; 157b; 157f) und auf der Münze des Titus (hier Fig. 157e). Und das, obwohl wir wissen, dass alle drei Kultbilder in Domitians Jupitertempel (dessen Bau Titus ja begonnen hatte) thronend dargestellt waren. Vergleiche dazu wieder oben zu Punkt 3.) und hier Figs. 13; 16; 17; 19.

Dieser Vergleich der Domitianmünzen (hier Figs. 157c; 157d) mit den Vespasianmünzen (hier Figs. 157a; 157b; 157f) zeigt noch etwas anderes: Domitian hatte offensichtlich eine Besonderheit von Vespasians (drittem) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus in seinem (vierten) Jupitertempel kopiert: Die Idee, die drei Kultbilder des Tempels auch im Tempelgiebel zu zeigen (s.o., zu Punkt 3.)).

Wobei im Fall von Vespasians Jupitertempel - nach Ausweis der auf Figs. 157a; 157b; 157f gezeigten Münzen Vespasians - das Kultbild Jupiters in diesem Tempelgiebel thronend wiedergegeben war, flankiert von den beiden stehenden Kultbildern der Juno und der Minerva (also genau so wie die drei `darunter´, in der cella von Vespasians Tempel befindlichen Kultbilder).

Vergleiche dazu oben, zu Punkt 3.), das Extispiciumrelief (hier Figs. 16; 17) und das Relief des Marc Aurel (hier Fig. 19), auf denen statt dessen in beiden Fällen der Giebel von Domitians Jupitertempel mit seinen drei thronenden Kultbildern erscheint. Vergleiche außerdem unter Punkt 3.) die Statuettenreplik von Domitians Kapitolinischer Trias in Guidonia Montecelio (hier Fig. 13), welche die drei thronenden Kultbilder Domitians wiedergibt, die sich in der cella seines Tempels befunden haben.

Derartige Fehler (wenn es denn Fehler sind!), wie hier auf den beiden auf Figs. 157c; 157d wiedergegebenen Münzen Domitians, die seinen (vierten) Tempel des Iuppiter Optimus Maximus Capitolinus zeigen, und die soeben beschrieben worden sind, kommen auf Münzen sehr häufig vor. Siehe oben, in Band 3-1, S. 1253-1259, den zweiten Beitrag von Angelo Geißen: "Zum `Hadrianeum´ auf Münzen des Antoninus Pius".





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